Mit dem Vorgänger hat das polnische Entwicklerstudio Bloober Team gezeigt, wie hervorragend es Ästhetik und Horror vermischen kann – entsprechend hoch waren unsere Erwartungen an den Nachfolger Layers of Fear 2. Ob uns das Horror-Adventure überzeugen konnte, oder eher unbeeindruckt zurückließ, erfahrt ihr in unserem Test.
Auf hoher See
Layers of Fear 2 erleben wir aus der Sicht eines Schauspielers, der die Hauptrolle in einem Film an Bord eines Linienschiffs annimmt. Dass uns keine einfache Kreuzfahrt bevorsteht, ist allerdings schnell klar: Auf dem Schiff gehen seltsame Dinge vor sich – und weit und breit ist keine Besatzung zu sehen. Es scheint also, als wären wir ganz allein – nur eine unheimliche Stimme aus dem Off spricht immer wieder zu uns.
So, oder so ähnlich würden wir die grundsätzliche Prämisse beschreiben – die ist nämlich gar nicht so einfach zu erfassen, denn Layers of Fear 2 erzählt eigentlich mehrere Handlungsstränge gleichzeitig. Im Fokus der Geschichte steht nämlich weniger unser eigener Charakter, sondern zwei Kinder, die sich anscheinend irgendwann einmal auf dem Schiff befunden haben müssen: Überall finden wir Spielzeuge, Bilder und andere Objekte, die die beiden dort hinterlassen oder verloren haben. Heben wir diese auf, rufen sie uns Dialoge zwischen dem jungen Geschwisterpaar ins Gedächtnis. Was hatten die beiden auf dem Schiff zu suchen? Und was ist mit ihnen geschehen? Diese Fragen beschäftigen uns bis zum Ende des Spiels und sind unser eigentlicher Antrieb, um in der Handlung voranzukommen.
Außerdem sind – fast schon genretypisch – überall in der Spielwelt Dokumente, Briefe und Notizen der Schiffsbesatzung verteilt, über die sich nach und nach die Handlung entfaltet. Am Ende soll dann alles irgendwie zusammengeführt werden. So richtig funktioniert hat das für uns allerdings nicht: Die Geschichte bleibt bis zum Abschluss des Spiels verworren und kryptisch – der erleuchtende Aha-Moment bleibt leider aus. Da hatten die Entwickler aus unserer Sicht etwas zu viel gewollt.
Unreal Engine in Höchstform
Auch wenn die Geschichte leider nicht gezündet hat, konnte uns Layers of Fear 2 zumindest visuell absolut überzeugen: Das Spiel sieht wirklich hervorragend aus und muss sich auch nicht vor Genrevertretern wie Outlast 2 verstecken. Die Umgebung ist durchgehend schön designt und weist viele hübsche Details auf. Vor allem ist sie aber abwechslungsreich gestaltet. Wer denkt, er müsste die ganze Zeit nur durch sterile Korridore eines Ozeankreuzers wandeln, der irrt sich gewaltig: Immer wieder wirft uns das Spiel zwischen verschiedenen Kulissen hin und her, die sich auch farblich voneinander abheben. Einzelne Passagen sind beispielsweise komplett in Schwarz-Weiß gehalten – bei anderen kommt der charakteristische Film Grain des Kinos der 1930er Jahre zum Einsatz. Die Optik ist dadurch zwar wenig kohärent, dafür aber sehr facettenreich.
Besitzer einer PlayStation 4 Pro können übrigens im Einstellungsmenü zwischen einer Bildrate von 30 und 60 FPS wählen. Der zusätzliche Boost macht das Spielerlebnis auf Sonys verbesserter Konsole deutlich geschmeidiger. Größere Bugs sind uns übrigens nicht begegnet, allerdings ist das Spiel einmal abgestürzt. Ansonsten gibt es auf technischer Seite aber nichts zu bemängeln.
Auch Sound-Design und Score sind überaus gelungen: Layers of Fear 2 geht sehr sparsam mit der Musik um. Die ist, wie beim Vorgänger auch, häufig disharmonisch und verschroben. Dass sie abgemischt ist, als käme sie aus einem Grammophon, verleiht ihr zusätzlichen Charakter. Übrigens arbeitet das Spiel mit binauralem Audio: Der Ton klingt also mit Kopfhörern deutlich räumlicher, als es bei einfachen Stereo-Spuren der Fall ist. Wer gute Headphones hat, sollte in diesem Fall definitiv davon Gebrauch machen.
Von Tür zu Tür
Wenn man den ersten Teil gespielt hat, wirkt Layers of Fear 2 spielerisch schnell vertraut: Wir laufen durch lineare Gänge mit vielen Türen. Verlaufen kann man sich hier nicht: Die eine Tür, die nicht verschlossen ist, ist im Prinzip immer die Richtige. In erster Linie haben wir es also wieder mit einem klassischen Walking Simulator zu tun.
Um das Spiel etwas gehaltvoller wirken zu lassen, haben die Entwickler kleine Rätseleinlagen eingebaut. Die sind aber, wohlwollend ausgedrückt, eher seicht und uninspiriert. Teilweise waren sie sogar derart profan, dass wir uns unnötig lange damit aufgehalten haben, weil wir die stumpfe Lösung nicht wahrhaben wollten. Ihr möchtet ein Beispiel? Hier ist Eins: An einer Stelle, recht nah am Anfang, stehen wir vor einer massiven Tresortür mit einem Drehschloss. In dem Raum befindet sich auf den ersten Blick nichts, bis auf Münzen, die vor dem Tresor und links und rechts davon liegen. Der Adventure-Spieler in uns wird also wach und fängt an die Münzen der jeweiligen Haufen zusammenzuzählen, um daraus drei Zahlen für das Schloss abzuleiten. Die ersten beiden Zahlen funktionieren – nur die Dritte scheint falsch. Immer wieder zählen wir nach und egal was wir versuchen: Die Tresortür bleibt zu. Wir sind schon fast am Verzweifeln, weil wir uns eigentlich sicher sind, die Logik des Rätsels durchschaut zu haben – stellen dann aber fest, dass das „Rätsel“ so stumpf ist, dass wir unsere grauen Zellen zu Unrecht bemüht haben. Spoiler: Im Nebenraum lag ein Zettel, auf dem dick und fett der Zahlencode steht.
Jetzt kann man dem Spiel natürlich schlecht vorwerfen, dass wir uns einfach nicht gründlich genug umgesehen haben, allerdings ist das eben beschriebene Szenario sinnbildlich für alle Rätsel im Spiel: Die sind so leicht, dass man sie auch problemlos hätte weglassen können. Mal drehen wir an einer Uhr, mal spulen wir an einem Projektor einen Film an die richtige Stelle, mal nehmen wir Dinge auf und legen sie woanders wieder ab – so richtig Spaß macht das alles nicht und gefordert fühlen wir uns erst recht nicht. Teilweise stört es sogar regelrecht den Spielfluss.
Deutlich besser gelungen ist die dynamische Spielwelt: Immer wieder verändert sich die Umgebung, sobald wir ihr den Rücken zukehren. Das Gefühl, in einem endlosen Labyrinth gefangen zu sein, überträgt sich entsprechend gut. Trotz der gelungenen Atmosphäre ist der Gruselfaktor insgesamt aber eher mäßig. Die Entwickler verlassen sich zu sehr auf billige Jump-Scares, die uns eher unbeeindruckt zurücklassen.
Trial & Error
Anders als im ersten Teil, gibt es hier auch tatsächliche Gefahren: An einigen Stellen begegnen uns finstere Gestalten, die uns töten, wenn wir ihnen zu nahe kommen. Teilweise verfolgen sie uns sogar und jagen uns durch die Gänge. Während wir uns im Vorgänger noch mit dem langsamen Humpelschritt eines alten Mannes bewegt haben, können wir hier sogar rennen. Die Fluchtsequenzen werden aber schnell ätzend: Der richtige Weg ist nicht immer offensichtlich und das Spiel verzeiht keine Fehler. In unserem Durchlauf sterben wir also desöfteren und müssen uns jedes Mal die gleiche Todessequenz ansehen. Dadurch verlieren diese Passagen schnell ihren Reiz und sind eher nervig als gruselig oder spannend. Viel schlimmer sind aber die Tode, die wir nicht verhindern konnten: An mehreren Stellen im Spiel müssen wir einfach nur eine Tür öffnen – und sind schlagartig tot. Ohne, dass es in irgendeiner Form vorhersehbar gewesen wäre. Smartes Game-Design sieht anders aus.
Und dass wir wirklich jede Tür versuchen zu öffnen, ist eigentlich auch verständlich. Überall in der Welt sind nämlich Sammelgegenstände verteilt. So finden wir zum Beispiel Dias oder Tonbänder, mit denen wir noch mehr Einzelheiten über die Charaktere erfahren. Und irgendwie wollen wir ja auch wissen, was hier eigentlich los ist – auch wenn das Spiel dann, trotz mehrerer Enden, nach circa 8 Stunden irgendwie unbefriedigend abschließt. Alles hat man nach dem ersten Durchlauf zwar nicht gesehen, da es mehrere Schlüsselmomente gibt, an denen unsere Entscheidung über den weiteren Verlauf der Geschichte bestimmt – zu einer zweiten Runde fühlen wir uns allerdings trotzdem nicht sonderlich motiviert.