TEST: Remember Me – Wenn Technologien unser Leben bestimmen

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Erinnerungen sind das, was von einem Menschen über den Tod hinaus bleibt. Sie machen einen unsterblich, selbst wenn man in der physischen Form längst nicht mehr existiert. Doch was passiert, wenn Erinnerungen zu einer Ware werden, wenn man diese digitalisiert, verkaufen oder tauschen kann?

Neo-Paris, 2084 – Soziale Netzwerke haben inzwischen abstruse Formen angenommen. Die Menschen opfern ihre Privatsphäre einer scheinbar unausweichlichen Zukunftstechnologie, welche die gesamte Menschheit zu kontrollieren scheint. Bequemlichkeit, Komfort oder Vergnügen stehen über dem, was wir heutzutage noch über alles schützen würden. Unsere privatesten und intimsten Momente.

Nur wenige unter uns wissen aber tatsächlich mit einer solchen Technologie umzugehen und sie einzusetzen. An der Spitze derer steht in „Remember Me“ das Unternehmen MEMORIZE, die eine Technologie namens SENSEN dazu nutzen, die Gedanken oder Erinnerungen der Menschen zu kontrollieren. Dann wiederrum gibt es jene und sehr wenige, die über die Fähigkeiten verfügen, in die Gedanken anderer einzudringen und diese nach ihren Wünschen zu verändern, so auch unsere Heldin Nillin. Diese Fähigkeit geht so weit, andere Menschen derart zu manipulieren, andere oder sich selbst zu töten. Das bereitet großen Unternehmen wie MEMORIZE natürlich Angst, die alles daran setzen, Gedächtnisjägerinnen wie Nillin aus dem Verkehr zu ziehen, ihr Erinnerungsvermögen zu löschen und sie in der Bastille, dem größten europäischen Gefängnis wegzusperren und ihre Erinnerungen dort „sicher“ zu verwahren. Letztere sind die sogenannten Leaper, die in allen Variationen als ausgestoßene in den schmutzigsten Regionen von Neo-Paris leben. Ihre Mutationen entstanden durch die Abstoßung der SENSEN-Technologie, die einige unter ihnen auf ihre ganz eigene Art zu nutzen lernten.

Eure Aufgabe in „Remember Me“ ist es aus dem Gefängnis auszubrechen, eure Erinnerungen und eure Identität zurückzuholen und diejenigen zu bekämpfen, die ihre immense Macht über die Gesellschaft und deren Erinnerungen ausnutzen. Letztendlich bleibt die Frage, wie gefährlich ist eine solche Technologie tatsächlich? Entwickler DontNod greift damit eine unglaublich interessante Thematik eines möglichen Zukunftsszenarios auf, in denen Menschen ihr letztes bisschen Privat- und Intimsphäre einer Technologie opfern, die alleinig von einem Überwachungsstaat kontrolliert wird. Eine Thematik, die bereits jetzt in Zeiten von Facebook & Co. immer wieder heftig diskutiert wird. Die Frage, die sich dabei stellt ist, wie viel ist man selbst bereit zu opfern, um Zugang zu einer scheinbar interessanten Technologie zu erhalten, sein Leben uneingeschränkt mit anderen zu teilen oder einzigartige Momente und Erinnerungen für ein bisschen mehr Luxus oder Komfort zu opfern?

Auf der anderen Seite bietet eine solche Technologie aber auch viele Vorteile, welche die Menschen nur zu gerne nutzen und die sich in der gesamten Welt von „Remember Me“ wiederspiegeln. Stellt euch vor, ihr geht eine Ladenstraße in Neo-Paris entlang, ihr seht hübsche Dinge in einem Schaufenster, zu denen man maßgeschneiderte Informationen erhält. Verkäufer an einem Marktstand wissen bereits bevor ihr an ihnen vorbeigeht, ob sie euch das Richtige anbieten können. Eine Welt, in denen Informationen rund um die Uhr und ohne Wartezeit verfügbar sind; eine Welt, die sich auf euch einstellt und ihr euch nicht auf sie.

Visuelles Meisterwerk

Das Leveldesign in „Remember Me“ beeindruckt hier auf ganzer Linie. Eine hochtechnologische Welt im Paris der Zukunft, die sich mit dem Bild heutiger Städte vermischt. Aufgeteilt in Slums, Gebiete für die obere Bevölkerung, Kanalisationen und futuristischen Komplexen von Firmen wie MEMORIZE. Jede Ecke, jede Kreuzung und jeder Weg ist mit Informationen gespickt. Roboterandroiden übernehmen die meisten der unbequemen Aufgaben für Menschen, wie die Straßenreinigung oder Reparaturen.

Gleichzeitig scheint man in der Zukunft gezwungen zu sein, die Städte weiter nach oben zu bauen. Dementsprechend ergeben sich viele Möglichkeiten an Gebäuden entlang zu klettern, wenngleich das typische Stadtbild von Paris mit den vielen kleinen und engen Gassen beibehalten wird. Futuristisch, aber dennoch realitätsnah, wenn man es kurz beschreiben müsste, nicht zuletzt durch die Lebendigkeit, welche auch die Detaildichte im Gesamtbild erzeugt. Man denke da nur an die zahlreichen Roboter und Menschen, die völlig normal nebeneinander her leben, Kunstwerke wie die Mona Lisa, die freie Künstler überall an die Hauswände malen, oder Opfer der modernen Gesellschaft, die in ihrer Sucht nach Informationen geistig völlig ausgebrannt in der Gosse liegen.

Obendrein besticht „Remember Me“ mit einer technischen Meisterleistung in Sachen Grafik, die das stimmige Gesamtbild mit gestochen scharfen Texturen, glatten und glänzenden Oberflächen, sowie einem herrlichen und wunderschönen Charakterdesign ergänzt. Abgerundet wird dieses visuelle Feuerwerk von umwerfenden Licht- und Schatteneffekten sowie permanenten Verzerrungsbildern von Erinnerungen, die im Gesamten vergessen lassen, dass man hier noch auf der aktuellen Generation spielt. Es ist nahezu unglaublich, was ein bisher recht unbekannter Entwickler hier aus den Konsolen herausholt. „Remember Me“ gewährt bereits einen Einblick darin, was uns mit der nächsten Generation erwarten wird. Einfach nur wunderschön und atemberaubend!

Innovatives Gameplay

So verblüffend wie der visuelle Aspekt im Spiel ist auch das Gameplay. Hier bricht DontNod mit den Standards der Industrie und verzichtet komplett auf Waffen im Spiel. Lediglich eure Hände, Füße und akrobatisches Geschick sind nötig, um sich eurer Gegner entledigen zu können. Und selbst darin beweist man Innovation. Statt vorgegebenen Kombos, könnt und müsst ihr diese komplett selbst zusammenbasteln.

Die Basics bestehen aus 3er, 5er oder 8er Kombos, dessen Impressons ihr bis auf die Erste frei belegen könnt. Diese werden wiederrum in verschiedene Gruppen aufgeteilt, darunter Kraft, Regeneration, Energie aufladen oder Ketten. Je später hier ein Impresson platziert, desto mehr Wirkung zeigt dieser. Ist zum Beispiel ein Kraft-Impresson weit hinten platziert, verursacht dieser beim Gegner mehr Schaden, als ein Kraft-Impresson, der bereits am Anfang einer Kombo steht.

Nun funktioniert es nicht immer, den härtesten Schlag am Ende auszuführen, um seinen Gegner möglichst schnell zu Boden zu bringen. Es gibt auch Gegner, die euch bei jedem erfolgreichen Treffer selbst noch Energie abziehen. Hier muss man also ein Regenerations-Impresson mit in die Kombo einarbeiten, um möglichst auch Gesundheit zurückzuerhalten. Macht man das nicht, verliert ihr den Kampf trotz erfolgreicher Treffer gegen den Gegner. Solche Situationen kommen im Spiel öfter vor, bei denen ihr einen ganz speziellen Kombo für nur einen bestimmten Kampf basteln müsst, um zum Erfolg zu kommen, speziell in Endgegnerkämpfen.

Das mag anfänglich recht kompliziert erscheinen, erzeugt aber im späteren Spielverlauf zusammen mit den Fokuskräften eine tolle und mächtige Dynamik. So stehen euch mit den Fokuskräften zusätzlich Spezialangriffe zur Verfügung, wie etwa eine Art Free-Flow Kampfsystem, welches man aus den „Batman-Arkham“-Spielen her kennt, Unsichtbarkeit, um die SENSEN-Technologie eures Gegners aus dem Hinterhalt zu überlasten oder ein Angriff, bei dem ihr eure Gegner um euch herum für kurze Zeit betäubt.

Mit den Akrobatikeinlagen ergibt dies im Ganzen ein individuelles und innovatives Gameplay, das man in dieser Art nicht so häufig sieht. Gleichzeitig ist aber auch der Anspruch an das Gameplay deutlich höher und fordert den ein oder anderen Wiederholversuch, selbst wenn man auf ‚Normal‘ spielt. Zum Teil muss man hier sagen, dass das Spiel dadurch sehr unfair ausfällt und euch die Gegner kaum Zeit lassen, einen Kombo auch wirklich auszuführen, was mitunter zu Frustmomenten führen kann.

Von Klassik bis Elektronik

Es reicht schon sich einmal die Introsequenz von „Remember Me“ anzuschauen, in der ein Roboter ein klassisches Meisterwerk am Klavier spielt, welches kurz darauf von einem elektronischen Verzerrungsgeräusch gestört wird. So wird das gesamte Spiel von imposanter Klassikmusik untermalt, die in Kampfszenen oder dramatischen Momenten passend angehoben wird. Man könnte meinen, dass ganze Live Orchester, welches die Musik in „Remember Me“ liefert, sitzt bei euch persönlich im Zimmer. Insbesondere die elektronischen Stör- und Verzerrungsgeräusche im Kampf bei längeren oder kraftvollen Kombos passen hier wunderbar ins Bild unter unterstreichen den gesamten Style dieses futuristischen Spiels. Bei den deutschen Synchronstimmen kann man sich vermutlich wieder streiten, ob die nun passend gewählt worden sind oder nicht. Persönlich fand ich die Stimmlage ein wenig zu hoch, insbesondere bei der Stimme von Nillin, die dann hin und wieder doch etwas am Trommelfell kratzte.

Remember Me Top
TEST: Remember Me – Wenn Technologien unser Leben bestimmen
„Remember Me ist ein einzigartiges Spiel dieser Generation, das von der ersten Minute an zu überzeugen weiß. Eine glaubhafte Vision der Zukunft, in der Gedanken und Erinnerungen zu einer Ware werden und was uns aus heutiger Sicht wohl eher Angst machen würde. Das Ganze verpackt in eine spannende Story, die aufzeigt, wie gefährlich die Macht über eine solche Technologie sein kann und die zum Umdenken zwingt. Hinzu kommt ein innovatives Gameplay, das sich von bisherigen Spielen unterscheidet und bei dem man sich wirklich Gedanken machen muss, wie ich meine Gegner bewältige, was zum Teil nicht wirklich einfach ist. Hinzu kommen das kreative Level-Design von einem visionären Paris der Zukunft sowie ein grafisch sehr hohes Niveau bei der Umsetzung. Remember Me sei all denjenigen empfohlen, die nach einer neuen und anderen Erfahrung beim Spielen suchen und sich nicht auf die Standards der Industrie verlassen möchten, denen es oft scheinbar ausreicht, wenn man alles mit großen Explosionen niederschießen kann. Ein absoluter Geheimtipp dieser Generation.“
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