TEST: Silent Hill Downpour – So muss Survival-Horror sein, inkl. exklusivem Gameplay Video

By Trooper_D5X Add a Comment
12 Min Read

Silent Hill zählt seit jeher als Ur-Vater des Horror-Genres, das in den letzten Jahren leider stark von diesem Weg abgekommen ist. Zu wenig Horror, zu viel Action, zu viel Shooter – die Anpassung an westliche Erfolgskonzepte haben das wahre Horror-Genre fast verschwinden lassen. Selbst ein ‚Resident Evil‘ beugt sich inzwischen mehr westlichen Trends und letzte Standsäulen wie ‚Fatal Frame‘ sucht man vergebens in dieser Generation. Dabei war gerade das Horror-Genre jenes, welches den japanischen Entwicklern wirklich im Blut lag.

Nun versucht man sich bei Konami zurückzubesinnen, hat sich neue Entwickler gesucht und möchte das Horror-Genre neu auferstehen lassen. Silent Hill Downpour ist es, das jetzt einen neuen Angriff auf euer Nervengerüst unternimmt. Verantwortlich für Silent Hill Downpour ist der tschechische Entwickler Vatra Games, die als relativ junges Studio zum Beispiel für ‚Rush’n Attack: Ex-Patriot‘ bekannt sind.

Die Story von Silent Hill Downpour beginnt, wie schon so oft zuvor, dass man durch unglückliche Ereignisse in Silent Hill landet. Ihr findet euch in der Rolle von Murphy Pendleton wieder, der als Insasse eines Gefängnisses von Albträumen geplagt wird und kurz vor seiner Verlegung in eine andere Haftanstalt steht. Während der Fahrt des Sträflingstransports kommt der Bus allerdings von der Straße ab und entlässt euch eher unfreiwillig in die Freiheit. Zwar nicht wirklich gewillt flüchten zu wollen, bleibt euch aber keine andere Wahl und so macht ihr euch auf den Weg in die nächste noch unbekannte Stadt – Silent Hill.

Gleich zu Beginn des Spiels darf man sich natürlich den Schwierigkeitsgrad aussuchen und unabhängig davon entscheiden, wie schwer die Rätsel im Spiel sein werden. Möchte man also wirklich alles auf eigene Faust herausfinden, werden zum Beispiel Hinweise wie leuchtende Objekte im Spiel deaktiviert. Darüber dürften sich besonders diejenigen freuen, die ihren ausgeprägten Detektivsinn im Spiel ausleben wollen. Als kleinen Tipp am Rande, würden wir nicht gleich den höchsten Schwierigkeitsgrad empfehlen. Wir haben auf ‚Normal‘ gespielt.

Die ersten und einsamen Meter zurückgelegt, dauert es auch nicht lange und ihr seht euch mit eurer ersten wahren Silent Hill-Erfahrung konfrontiert. Auf mysteriöse Weise verändert sich eure Umgebung in einen schaurigen Ort, der der Hölle nicht weit entfernt zu sein scheint. In der Ferne hört ihr eine ohrenbetäubende Sirene erschallen, Wände beginnen sich aufzulösen und ihr glaubt euren Verstand zu verlieren. Der einzige Ausweg scheint nur die Flucht nach vorne zu sein. Schon hier setzt Entwickler Vatra Games auf altbewährte Gruseleffekte wie Gänge, die sich vor euren Augen immer weiter in die Länge ziehen, Treppen, die nur rückwärtsgehend überwunden werden können oder eine abstrakte Gestaltung der Level, die auf dem Kopf stehen oder ähnliches. Silent Hill-Feeling wie man es sich wünscht.

Das Ziel, sich wieder an den ersten Teilen der Silent Hill-Serie zu orientieren ist, was die Atmosphäre angeht, definitiv geglückt. Das merkt man sofort in den ersten Spielstunden. Unheimliche Schaufensterpuppen, die leicht erkennbar hinter Gittertüren zu sehen sind, Gegenstände, die plötzlich umfallen, zuschlagende Türen oder gespenstisches Kinderlachen – es sind die ganz gewöhnlichen Dinge, die einem durch geschicktes in Szene setzen, einem das Blut in den Adern gefrieren lassen, ausreichend Schreckmomente inklusive. Silent Hill selbst ist stets in Nebel gehüllt, der Blick reicht gerade einmal wenige Meter vor euch, immer das beklemmende Gefühl im Nacken, hinter der nächsten Ecke lauert Etwas. Mit zur unheimlichen Atmosphäre tragen auch die Soundeffekte und die Musik in den Radios bei, die überall in Silent Hill verteilt sind. Nähert ihr euch diesen, ertönt alte und nostalgische Musik, begleitet von einem DJ Ricks, der ständig über euch im Radio berichtet, ohne dass ihr euch erklären könnt, warum überhaupt.

Immer wieder werden euch auch kleine Nebenstorys erzählt, die ihr anhand von herumliegenden Polizeiberichten oder Infotafeln in Silent Hill erfahrt. Hinweise auf eure Person finden sich ebenfalls überall in der Stadt wieder und ihr fragt euch, was hat das alles zu bedeuten, warum wurdet ihr nach Silent Hill gelockt? Fragen, die beantwortet werden wollen und so macht ihr es euch zum Ziel, dies herauszufinden und arbeitet dabei eure Vergangenheit auf. Diese wird immer mal wieder durch kleine Rückblenden in den Spielverlauf integriert. Der Druck auf eure Psyche ergibt sich so auch von ganz alleine auf eurem Weg durch die Stadt. Wer eine richtig gute Survival-Horror-Erfahrung der alten Schule sucht, der ist mit Silent Hill Downpour auf jeden Fall richtig! Vorausgesetzt ihr schafft euch auch die passende Atmosphäre um euch herum und sitzt beim Spielen nicht gerade in einem hell beleuchteten Büro.

Seid ihr aber erst einmal so richtig tief in die Welt von Silent Hill eingetaucht, wird man auch schon wieder von der etwas schlampigen Umsetzung herausgerissen. Sicherlich mag Vatra Games ein noch recht junges und unerfahrenes Studio sein, aber die Unreal Engine ist es eben nicht, auf die man bei dem Spiel zurückgreift. Silent Hill hat teils mit massiven Lags zu kämpfen, besonders, wenn man von Gehen auf Rennen wechselt, bleibt das Spiel auch schon mal kurzfristig stehen. Das frustet einen dann doch irgendwann. Der typische Look der Unreal Engine begegnet euch an jeder Ecke und die Texturen sehen teils matschig und verwaschen aus. Silent Hill war allerdings auch noch nie so der Vorreiter in Sachen Grafik. Auf der anderen Seite trägt dieser Look aber auch zur Atmosphäre der etwas rückständigen und „ausgestorbenen“ Stadt bei. Daher sollte man diesen Aspekt als eher zweitrangig bei Silent Hill betrachten. Das Charakterdesign und die Animationen hätten allerdings etwas besser ausfallen können. Wenn man eine Story mit einer intensiven Horror-Erfahrung erschaffen will, funktioniert dies doch oft am besten, wenn sie die Charaktere auch emotional herüber bringen. Teilweise wirken sie bei Silent Hill etwas zu steif für unseren Geschmack.

Dennoch erwartet euch ein tolles, detailliertes und offenes Level-Design. Eine düstere, zerfallene Stadt, in der ihr umher irrt, alte Minenschächte, eine Bibliothek, eine Fahrt in einer Minengondel, in der man die Geschichte der Stadt erfährt, sowie natürlich die abstrakte und kranke Welt von Silent Hill, die einem oft verwirrend vorkommt. Markante Orte haben eigenen Namen wie die umfunktionierte Touristenattraktion ‚Devil´s Pit‘, die einst eine Arbeitermine war. Die letzten und wenigen Einwohner scheinen selbst nicht zu verstehen, was in Silent Hill vor sich geht und streifen sorglos durch die Straßen, teilweise mit dramatischen Erlebnissen verbunden.

Um die Atmosphäre und das Setting noch abzurunden, sind natürlich auch der Sound und die Musik wichtig. Die meiste Zeit ist es recht ruhig um euch herum. In der Ferne hört man hin und wieder den Flügelschlag oder das Krähen eines Vogels, gespenstisch lachende Kinder, ein knarrender Schaukelstuhl oder seltsame Stimmen um euch herum. Die Musik, die diesmal von Komponist Daniel Licht stammt, wird stimmig ein- und ausgeblendet. Wie Licht zuvor schon verriet, blieb er dabei der Serie treu, hat aber dennoch eine persönliche Note mit einfließen lassen. Und das ist gut gelungen! Die komplett englische Synchronisation der Charaktere wirkt dafür manchmal etwas unpassend. Diese werden aber komplett deutsch untertitelt.

Das Gameplay leidet ebenfalls etwas am Back to Roots-Image, den man mit Silent Hill Downpour verfolgt hat. Das Kampfsystem hat man auf das Nötigste reduziert. Auch wenn ihr euch nicht wirklich vielen Feinden und noch viel weniger Gegner-Typen auf einmal oder an jeder Ecke stellen müsst, haben es die Wenigen schon in sich. Grundsätzlich fühlt man sich jedem Unterlegen und weiß nie so recht wie man sich sinnvoll verteidigen soll. Man hat immer nur eine Waffe zur Hand, die früher oder später kaputt gehen wird. Danach muss man bloßen Händen auf den Gegner einschlagen, was unweigerlich die ganze Sache in die Länge zieht oder zum Tod führt. Draufkloppen was das Zeug hält, solange der Gegner kontert einfach blocken und dann wieder draufhauen. Das macht man solange, bis der Gegner regungslos am Boden liegt und sich auflöst. Noch schwieriger wird es dann, wenn mehrere Gegner auf einmal angreifen oder Unwetter herrscht, das die Gegner noch aggressiver macht. Dann nämlich ist man schon ziemlich chancenlos. Es ist ein wenig frustrierend in jeden Kampf ziehen zu müssen, immer mit dem Gedanken wohl gleich sterben zu können. Vatra Games betonte zuvor, dass es oft klüger ist, den Gegnern auch aus dem Weg zu gehen und sich zu verstecken. Das funktioniert allerdings nur bedingt, denn Gegner verfolgen euch auch über längere Strecken und man hat es im unglücklichsten Fall mit noch mehr Gegnern zu tun. Etwas mehr Dynamik beim Kampf hätte hier sicherlich gut getan; vielleicht mit der Möglichkeit ausweichen zu können statt einfach immer nur zu blocken. Im Ganzen wirkt es einfach veraltet, ideenlos und teils frustrierend, auch wenn man sagt, dass es so gewollt ist und die gewisse Hilflosigkeit in einer solchen Situation fördern soll. Und die wenigen Medi-Packs, die sich hin und wieder mal finden lassen, helfen einem da auch nicht wirklich.

Ansonsten darf man ein eher gewohntes Gameplay-Konzept erwarten. Wie gewohnt spielt man aus der Third-Person-Perspektive, springen ist nicht möglich, Hindernisse werden bei Annäherung automatisch überwunden oder man kriecht durch kleine Nischen hindurch. Immerhin kann man mit R1 noch rennen, um schneller vorwärts zu kommen, mit Select greift man auf sein Tagebuch zurück, wo ihr allerhand nützliche Informationen und Karten findet, sowie findet sich euer Inventar auf dem Steuerkreuz wieder. Vielmehr gibt es hier eigentlich auch nicht zu sagen. Zu erwähnen wäre noch das unterirdische und clever gelöste Schnellreisesystem, um nicht immer ewig weit von A nach B laufen zu müssen.

Silent Hill in 3D erleben

Seit langem unterstützt ein Spiel mal wieder stereoskopisches 3D, so nun auch Silent Hill Downpour. Während wir auf der gamescom im vergangenen Jahr noch ein wenig abgeschreckt von der Umsetzung waren, kann sich das 3D in der finalen Fassung wirklich sehen lassen. Die Gesamtgrafik wirkt dadurch deutlich weicher, der Tiefeneffekt kommt gut zur Geltung und nerviges Ghosting in der Ferne ist kaum wahrzunehmen. Sicherlich trägt auch das eher dunkel gestaltete Setting dazu bei, dass 3D wunderbar zu diesem Titel passt. Wir konnten so stundenlang ohne Probleme spielen und können es wirklich nur empfehlen.

Offizielle Homepage: konami.com/silenthill

TEST: Silent Hill Downpour – So muss Survival-Horror sein, inkl. exklusivem Gameplay Video
„Lange haben wir auf die Veröffentlichung von Silent Hill Downpour gewartet und stehen nun von einer eher zweigeteilten Meinung. Auf der einen Seite bekommt man tatsächlich das Silent Hill geliefert, welches man sich seit Jahren wünscht – nervenaufreibend und spannend. Man hält sich an die Anfänge der Serie und hat das Spiel nicht zu einem Action-Shooter mutieren lassen. Die Atmosphäre ist grandios, es gibt tolle und knifflige Rätsel, viele Nebenmissionen und eine interessante Story. Auf der anderen Seite ist die technische Umsetzung nicht ganz geglückt. Nervige Lags, ein veraltetes Kampfsystem, grafisch nicht mehr wirklich Zeitgemäß. In diesen Punkten hätten wir uns deutlich mehr von Vatra Games gewünscht. Dennoch hielt uns Silent Hill Downpour fast durchgängig vor der Konsole, um der Sucht nach echtem Survival-Horror zu folgen. Wer den Kompromiss eingehen kann und über die technischen Schwächen hinweg sieht, wird mit einer tollen Horror-Umsetzung belohnt. Darüber hinaus lassen sich diverse Easter Eggs im Spiel finden, darunter der original Soundtrack aus Silent Hill 1 oder weitere Outfits. Wer die Möglichkeit hat, sollte Silent Hill Downpour unbedingt in 3D genießen.“
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