Zum Januar 2025 schließt GameStop endgültig alle seine Filialen in Deutschland. Ein Schock? Eher nicht. Wer in den letzten Jahren einen Fuß in die Geschäfte gesetzt hat, konnte die langsame, aber unaufhaltsame Talfahrt des Unternehmens live miterleben. Dass GameStop seit Jahren in der Krise steckt, ist kein Geheimnis. Doch warum konnte sich der einstige Gigant der Gaming-Szene nicht mehr fangen?
Von der Kultmarke zum Ramschladen
GameStop war einmal der Ort, an dem Gamer sich trafen, ihre Lieblingsspiele kauften und Fachgespräche mit Gleichgesinnten führten. Doch dieses Image ist längst verblasst. In den letzten Jahren wirkten die Stores zunehmend wie chaotische Ramschläden: veraltete Displays, unaufgeräumte Regale und ein Sortiment, das nicht mehr den Nerv der Kundschaft traf. Gebrauchtspiele wurden oft zu überhöhten Preisen angekauft und weiterverkauft – ein Geschäftsmodell, das bei kritischen Kunden wenig Begeisterung auslöste. Die Resonanz auf die aktuelle Meldung unterstreicht dies.
Auch die Mitarbeiter konnten die Misere nicht retten. Statt Fachpersonal begegnete man oft einem Mix aus häufig nerdigen und gelangweilten Verkäufern, die eher abschreckten, als zum Kauf zu animieren. Ein generelles Problem in Deutschland, wie ich immer wieder feststellen muss. Die Suche nach Fachpersonal gleicht oft einer Safari und der Suche nach dem letzten Pangolin. So viel zur „einladenden“ Atmosphäre. Selbst schuld und irgendwo auch verdient!
Hoffnung im digitalen Nirgendwo
Als klar wurde, dass der stationäre Handel „dem Untergang“ geweiht ist, klammerte sich GameStop wie ein Ertrinkender an das Onlinegeschäft – der letzte, ziemlich dünne Strohhalm. Natürlich soll hier die Zukunft des Unternehmens liegen, doch angesichts der Konkurrenz durch Amazon & Co. fühlt sich das eher nach einem Versuch an, mit einem Ruderboot gegen ein Containerschiff zu segeln. Was fehlt? Das gewisse Etwas, das mich als Kunden davon überzeugt, dass ich genau hier meine Spiele kaufen sollte. Leicht wird das nicht, GameStop.
Das größere Problem aber sitzt tiefer – und diesmal hat GameStop tatsächlich mal nicht die alleinige Schuld. Die deutschen Innenstädte und Einkaufszentren, einst Orte des Bummels und der Inspiration, sind mittlerweile eher ein Mix aus trostlosen Fassaden, Sicherheitsbedenken und einer erdrückenden Ideenlosigkeit. Wer geht schon gerne shoppen, wenn die einzige Abwechslung zwischen dem hundertsten H&M, Barbershop und einer leerstehenden Immobilie besteht?
Ein kleiner Lichtblick sind die Pop-up-Stores, die GameStop hier und da eröffnet – zuletzt in Kooperation mit Square Enix. Frisch, flexibel, zumindest eine Idee. Aber ob das reicht? Wir werden sehen. Ein Blick nach England – oder anderswo auf der Welt – zeigt, wie es besser geht.
England: Hier wird Shopping zum Erlebnis
Wer einmal nach England gereist ist, weiß, wovon ich spreche. Gerade London ist ein Shopping-Mekka, das aktuell selbst die eingefleischtesten Weihnachtsmuffel in Stimmung bringt. Hier dreht sich alles um Abwechslung, Kreativität und – natürlich – festliche Stimmung. Weihnachten steht nicht nur vor der Tür, es drängt sich förmlich in jedes Schaufenster, jede Straße und jeden Laden. Von einem solchen Ort würde auch GameStop profitieren.
Ob die funkelnde Regent Street, die stilvolle King Street oder die kultige Carnaby Street – überall herrscht festliche Betriebsamkeit. Kleine, charmante Weihnachtsmärkte reihen sich aneinander, oft clever mit dem lokalen Handel verzahnt. So entsteht eine Mischung aus traditioneller Gemütlichkeit und modernem Shopping-Erlebnis, die einfach Lust macht, Geld auszugeben – und was GameStop derzeit wohl dringend bräuchte. Hier wird niemand mit ein paar dürren Lichterketten abgespeist – in London bekommt man Weihnachtsfeeling Deluxe – während in Deutschland noch um die letzten Cents für den städtischen Weihnachtsbaum gefeilscht wird.
Noch nicht überzeugt? Dann ab nach Liverpool ins „The One“ oder ins Trafford Center in Manchester! Diese Malls sind der Inbegriff von Erlebnis-Shopping: moderne Architektur, riesige Installationen und Events, die Familien und Freunde gleichermaßen anziehen. Statt Barbershop und Wettbüro gibt es hier Fun Scapes, LaserTag und Multiplex-Kinos – alles unter einem Dach. Die deutschen Innenstädte mutieren derweil zu einem nervenzerfetzenden Balanceakt zwischen „Festung Weihnachtsmarkt“ und dem bloßen Überlebensinstinkt – wer es bis zum Glühweinstand schafft, ohne vor Frust aufzugeben, hat den wahren Geist der Weihnacht offenbar gefunden.
Ein weiteres Beispiel: GAME, der britische Rivale von GameStop. Diese Läden sind das, was GameStop in Deutschland nie sein konnte: einladend, übersichtlich und modern. Mit ihren neuen Store-in-Store-Konzepten sitzen sie direkt am Puls der Einkaufszentren und bieten den Kunden genau das, was sie wollen – ein positives Erlebnis, das den Geldbeutel viel lockerer sitzen lässt. Und GAME kämpft genau wie GameStop gegen den digitalen Wandel.
Ein Abschied ohne Tränen
Das Aus von GameStop in Deutschland wird kaum jemand vermissen. Es ist vielmehr ein Beispiel dafür, wie ein Unternehmen die Zeichen der Zeit ignoriert hat. Statt auf Innovation und Kundennähe zu setzen, wurde das altmodische Konzept bis zum bitteren Ende durchgezogen.
Vielleicht ist dies eine Chance für andere Akteure, den Markt neu zu beleben. Bis dahin bleibt nur der Blick ins Ausland – und die Hoffnung, dass Deutschland irgendwann versteht, wie moderner Einzelhandel funktioniert.
Denn eins ist klar: In einer Zeit, in der Gaming boomt wie nie zuvor, sollte der stationäre Handel eigentlich ein Gewinner sein. Doch ohne Visionen, Engagement und Service bleibt er nur eines – ein trauriges Relikt der Vergangenheit.