Vor über einem Jahr kündigte Entwickler Sassybot das First-Person-Drama „Fragments of Him“ an, dass im Stil von „Heavy Rain“ & Co. auf eine Story-getriebene Erzählung setzt und dabei einen der schlimmsten Momente in einem Leben aufgreift. Was geht in einem vor, wenn ein geliebter Mensch ganz plötzlich aus dem Leben gerissen wird? Diese spannende Thematik wollten wir unbedingt selbst erkunden.
Der Tod gehört zum Leben dazu und ereilt einen früher oder später selbst, soviel ist sicher. Je früher dieser Moment aber kommt, desto tragischer ist es meistens. So auch in „Fragments of Him“, wo unser Protagonist Will seine morgentliche Routine abläuft und auf dem Weg zur Arbeit in einen schrecklichen Unfall verwickelt wird. Gerade noch hat man sich darum Gedanken gemacht, wie langweilig es womöglich ist, jeden Tag die gleichen Abläufe immer und immer wieder abzuarbeiten – bis zu diesem Morgen.
„Fragments of Him“ steigt genau in diesem Moment ein und arbeitet die Gedanken der drei Personen auf, die Will in seinem Leben wohl am nächsten standen – seiner Großmutter Mary, seine Ex-Freundin Sarah und Harry, sein Partner, die fortan mit einer Verlustbewältigung zu kämpfen haben; und das auf sehr unterschiedliche Weise.
Jeder geht individuell mit Trauer um
Den Anfang macht dabei Mary, die sich vor allem an die schönen Zeiten mit Will erinnert, vor allem die Zeit, in der er größer wurde, in ihrem Garten spielte, an ein gemeinsames Weihnachtsfest oder was womöglich aus ihm werden kann. Aber auch eine offenbar große Enttäuschung wurde ihr in diesem Moment wieder bewusst, als sie eher zufällig herausfand, dass Will keine Frau liebt, sondern einen Mann, was aufgrund ihrer etwas altmodischen Ansichten zu einer gewissen Distanz führte, die sie im Nachhinein bereut.
Sarah hingegen ist die erste große Liebe von Will, die sich auf der Universität kennenlernten. Aber so schön diese Zeit gemeinsam ist, merkt auch Sarah zunehmend, dass in Will noch etwas anderes tickt, nämlich seine Liebe zu Harry. Anstatt sich aber als große Enttäuschung abzuwenden, entwickelte sich hieraus eine einzigartige Freundschaft, eine Freundschaft, in der man sich wirklich alles anvertrauen kann und selbst die neue Liebe von Will mit einschließt.
Harry hingegen, der Will als Lebenspartner am nächsten zur Seite stand, geht etwas radikaler mit seiner Trauer um. Obwohl er zunächst gar nicht loslassen möchte, wird alles aus der gemeinsamen Wohnung entsorgt, dass ihn irgendwie an Will erinnert. Selbst wenn man ihn darauf anspricht, wird hier mit Ausreden ausgewichen. Früher oder später erkennt aber auch Harry, dass man zwar alles Physische zur Seite schaffen kann, was einen an eine bestimmte Person erinnert, in den Gedanken wird er aber immer bestehen bleiben.
Wir wollen an dieser Stelle nicht zu viel verraten, welchen Gedanken oder ähnliches im Spiel noch aufgegriffen werden, es reflektiert allerdings sehr treffend und gefühlvoll diese Momente, die doch sehr vielfältig sein können. Ob man sich bewusst dazu entschieden hat, nur positive Empfindungen widerzuspiegeln, können wir nicht sagen. Es ist aber klar, dass es noch weitaus drastischere Optionen gibt, die auf den Tod eines geliebten Menschen folgen können. Davon sieht man im Spiel aber „leider“ nichts.
Besonders gefällt bei dieser Erzählung, die man aus der Second-Person-Ansicht erlebt, die sentimentale, leicht bedrückende Stimmung, die vor allem musikalisch hervorragend unterstrichen wird. Auch, dass man hier kein knallbuntes Spiel präsentiert, sondern alles durch einen leichten Graufilter sieht, passt perfekt dazu und vereinnahmt einen geradezu, hier mitzufühlen.
Spielerischer Part kommt doch recht kurz
In „Fragments of Him“ steht eindeutig der erzählerische Aspekt im Vordergrund, denn spielerisch könnte es kaum simpler sein. Man folgt den Charakteren stets in der First-Person Ansicht und klickt um sich herum auf verschiedene Objekte und Personen, um neue Erzählungen zu triggern. Zwischendurch lässt sich die Erzählung auch mal mit optionalen Antworten beeinflussen, aus dieser Sicht dürfte das aber auch das absolute Highlight gewesen sein. Denn so folgt man strickt der Erzählung und es bleibt auch kein Platz, um etwa größere Erkundungen vorzunehmen. An dieser Stelle hätte man die Erzählung durchaus etwas mehr mit optionalen Dingen anreichern können, denn so lässt sich „Fragments of Him“ nur sehr schwer als echtes Spiel definieren, in dem man lediglich einem roten Faden bis zum Ende folgt, da es auch kein Scheitern oder ähnliches gibt.
Hinweis: „Fragments of Him“ kommt ausschließlich in komplett englischer Sprache mit englischen Untertiteln, was aufgrund der doch recht langen Texte eine gewisse Voraussetzung mit sich bringt, um dem Ganzen aufmerksam folgen zu können.