Man muss leider ehrlich gestehen: Jeder hat schon einmal Baseball gesehen, aber die Regeln sind den meisten doch eher ein Rätsel, denn Baseball ist hierzulande eher eine Randsportart. Nichtsdestotrotz haben wir uns den diesjährigen Ableger von Branchenvertreter „MLB The Show 19“ vorgeknöpft und versuchen dabei, das entsprechende Mysterium zu entschlüsseln.
Handschuh und Schläger – jeder wie er mag
Bevor wir mit dem Spiel beginnen, wird uns die verschiedene Art und Weise vor Augen geführt, mit denen wir sowohl den Schläger, als auch den Werfer steuern können. Bei jedem der beiden stehen uns also mehrere Varianten zu Verfügung, diese entsprechend zu kontrollieren und zu steuern, sei es vom einfachen Tastendruck, bis hin zu genauen Steuerung mit den Sticks. Darüber hinaus können wir beeinflussen, wohin wir einen Ball werfen und schlagen wollen, um unseren Gegner zu besiegen. Dazu stehen uns verschiedene Arten von Würfe zur Verfügung, wie etwa schnelle Fastballs oder ausgefuchste Curveballs, wie die dazu passenden Schläge, um die Würfe zu kontern. Wir können dabei auch die entsprechenden Flugbahnen beeinflussen, die Bälle nach einem Treffer gezielt fangen und danach an die einzelnen Bases werfen, um die Läufer zu stoppen. Soweit, so gut. ABER: Hier im eher von König Fußball geprägten Deutschland ist es reichlich schwer nachzuvollziehen, warum man jetzt einen Punkt gemacht hat oder warum ein Inning zu Ende ist. Und wie viele Innings gibt es überhaupt? Fragen über Fragen, die leider nirgends vollständig beantwortet werden. Es gibt zwar einen Trainingsmodus, der uns die wesentlichen Elemente genau präsentiert, ein Meister am Schläger werden wir damit aber noch lange nicht.
Neben dem Training gibt es noch den klassischen „Play now“-Modus, in welchem wir sofort ins Spiel einsteigen können, um gegen den Computer oder gegen seine Freunde antreten zu können. Daneben gibt es noch einen Retro-Modus, in welchem wir in Pixelgrafik und einer Taste werfen und schlagen, MLB light sozusagen, sowie den Modus „Home Run Derby“, in welchem wir versuchen, in vorgegebener Zeit mehr Home Runs zu schlagen als unser Gegner. Wer auf die Herausforderung Spieler gegen Spieler steht, für den bietet sich die „Challenge of the Week“ an, in welcher man online gegen andere unter bestimmten Bedingungen antreten muss, um besondere, so sonst nicht erhältliche Belohnungen abzusahnen. Für echte Fans gibt es außerdem noch den Modus „Moments“ in welchem man legendäre Spieler und Teams in ihren größten Momenten begleiten kann.
Neu hinzugekommen in „MLB The Show 19“ ist der Modus „March to October“. In diesem wählen wir ein Team und begleiten es durch die Saison. Dabei erleben wir aber nicht jedes einzelne Spiel, sondern begnügen uns nur mit den wichtigsten Spielen und Momenten, wodurch gleich viel weniger Langeweile aufkommt. Ein weiteres großes Element ist der Modus „Diamond Dynasty“. Hierbei handelt es sich um eine Art Ultimate Team, wie man ihn aus anderen Sportspielen her kennt, in welchem man sich ein eigenes Team aus aktuellen und legendären Spielern zusammenstellt, indem wir diese gewinnen, kaufen oder in Packs freischalten. Pay-to-Win und Lootboxen lassen auch hier grüßen.
Abgerundet wird die große Sammlung an Spielmodi mit der „Road to the Show“, eine hauseigene Karriere, in welcher wir einen eigenen Spieler entwerfen und neben unseren Leistungen auf dem Platz auch im Gespräch mit unserem Team oder anderer Weggefährten unseren Charakter formen und unsere Rolle in der Mannschaft finden können. Wir starten somit in den unteren Ligen und arbeiten uns dabei weiter nach oben, indem wir Top-Leistungen bringen und so die berühmten Scouts auf uns aufmerksam machen. Klingt an sich ganz gut, allerdings wäre es schöner gewesen, wenn man sich hier mehr an EAs Karrieren in Sportspielen orientiert und eine richtige Story präsentiert hätte, anstatt einem eher lieblosen Mix aus den normalen Spielen und ein paar wenigen, beinahe bedeutungslosen Textbausteinen. Hier hätte man wirklich mehr rausholen können.
Insgesamt ist das Gameplay von „MLB The Show 19“ sicher ganz gut umgesetzt worden. Es gibt viele verschiedene Elemente, die sich sowohl für erfahrene Spieler eigenen, als auch für Neueinsteiger, die bisher noch so wenig Kontakt zu dem Franchise hatten. Es gibt viele abwechslungsreiche Modi, die für einige Unterhaltung sorgen können. Hinzu kommen die vielen verschiedenen Steuerungsmöglichkeiten, die sich auf die einzelnen Stärken des Spielers anpassen lassen Insgesamt gibt es damit zwar immer noch wenig, was wirklich eindrucksvoll ist, aber alles in allem wird das geboten, was man von einem Baseball-Spiel erwarten könnte. Problematisch wird es dann, wenn man absolut keine Ahnung von dem Sport hat und man sich erst mit den ganzen Tricks und Begriffen auseinandersetzen muss.
Von Wurf zu Wurf
Das Ursprungsproblem, welches wir auch schon zu Beginn benannt haben, bleibt auch nach vielen Runden immer noch bestehen: wir verstehen die Regeln dieses, anscheinend doch so komplexen Sportes, kein bisschen. Ohne eine Runde Regelkunde fragen wir uns auch nach dem fünften Spiel immer noch, wie man einen Punkt macht, wieso das jetzt ein Foul war und was und wie lang zur Hölle ein Inning ist. Leider ist es da auch in keiner Weise hilfreich, dass der gesamte Titel, sowohl in Ton, als auch in Text, komplett in Englisch gehalten werden. Heutzutage sollte eine deutsche Lokalisierung wirklich keine große Herausforderung mehr sein, vor allem dann nicht, wenn man diesen Sport auch hier etwas populärer machen möchte.
Auf was man sich bei großen Sportspielen in der Regel aber verlassen kann, ist, dass einem einige Lizenzen geboten werden. So wird hier die gesamte Major League der USA geboten, inkl. aller Spieler und Arenen. Hinzu kommt auch die US-Moderatorin Heidi Watney, die für ein wenig Live TV Feelin sorgt, zusammen mit den passenden Anzeigen und Bauchbinden der großen Sportkanäle.
Leider hört es da auch schon mit den guten Argumenten auf. Es gibt zwar ein Publikum am Rande, diese agieren allerdings nicht wirklich passend zu dem, was gerade auf dem Feld passiert. Hinzu kommen teils komische Bewegungen der Spieler, besonders, wenn ein Foul geschlagen wird. Die Spieler selbst lassen sich leider nur selten voneinander unterscheiden, was aber auch daran liegen mag, dass es hier keine großen Unterschiede gibt. Besonders negativ fällt allerdings auf, dass die Spiele kaum Dynamik bieten. Klar, Baseball scheint ein sehr ruhiger Sport zu sein, aber selbst bei “Madden NFL” gibt es mehr Action und Begeisterung, auch wenn es hier immer wieder große Pausen zwischen den einzelnen Spielzügen gibt. Größtenteils dürfte dies daran liegen, dass wir zwar viele Möglichkeiten geboten bekommen, wie wir die Steuerung übernehmen können, es fühlt sich aber trotzdem nie so an, als hätten wir wirklich Einfluss, wie es andere Sportspiele vormachen. Für uns erscheinen die Würfe relativ gleich, ohne große Unterschiede. Diese hätte man vielleicht ein wenig mehr unterschiedlich hervorheben können und mehr Dynamik einbringen sollen. So kommt in diesem Aspekt leider wenig Freude auf am Spiel, wir fühlen uns schnell gelangweilt und finden nie wirklich hinein.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Titel in Sachen Atmosphäre einige Abstriche machen muss. Klar, wir bekommen das volle Lizenzpaket geboten, erleben (zumindest irgendwie) eine eigene Karriere, werden dann aber schlagartig von eine eher schlechte Dynamik gestellt, die alles ein wenig mit sich runterzieht. Die Grafik an sich ist dann zwar ganz ok, aber auch kein echtes Highlight, dass das Ganze irgendwie retten würde.