TEST: Paper Beast – Wundervoll & ein wenig bizarr

By Patrick Held Add a Comment
8 Min Read

Mit „Another World“ hat der französische Gamedesigner Éric Chahi es bereits geschafft, einen Klassiker zu veröffentlichen, der auch heute noch viele Fans in seinen Bann zieht. Nun versucht er sich mit dem Titel „Paper Beast“ das Terrain der VR-Games für sich zu gewinnen. Wie gut das gelingt, erfahrt ihr in unserem Test.

Sand, Stein, Papier, der Weg ist das Ziel

Nachdem wir uns kurz mit der Steuerung vertraut gemacht haben, finden wir uns in einer sehr sandigen, surrealen Welt wieder, in welcher wir auch direkt von einem der namensgebenden Geschöpfe begrüßt werden: einem großen Wesen, ähnlich einer überdimensionalen Spinne, aus Papier. Das Papier sieht dabei so aus, als wäre es gerade durch einen Aktenvernichter gejagt worden. Wir folgen daraufhin dem Wesen und starten unsere Reise. Unser Ziel: unklar! Denn der Titel verzichtet gänzlich auf Sprache, Text und eine wirkliche Einführung. Wir erkunden also auf eigene Faust die Umgebung, begegnen weiteren Bestien aus Papier, mal bunt, mal weiß, mal geringelt oder glatt. Manche von ihnen wirken abstrakt und fantasievoll, andere erinnern etwa an Spinnen, Krabben oder Würmer.

Wir werden auf unserer Reise vor verschiedene Rätsel gestellt, deren Lösung wir uns ebenfalls vollständig selbst erarbeiten müssen. Dabei ist es äußerst sinnvoll, logisch zu agieren und sich die Gesetze der Physik zu Nutze zu machen. Hinzu kommt das Hantieren mit verschiedenen Elementen der Spielwelt, wie etwa Wasser, Eis, Sand und Lava. So müssen wir an einer Stelle einen Damm bauen, um einen anderen Bereich für uns auszutrocknen und passierbar zu machen, oder an einer anderen mit einem heißen Lavastein Eis schmelzen, um einen Tunnel nutzen zu können. Auch die Biester können durchaus hilfreich sein, etwa wenn es darum geht, Sand abzutragen oder anzuhäufen.

Die Rätsel sind dabei angenehm anspruchsvoll, bedürfen hier und da ein wenig Experimentierfreude und sind dabei immer wieder sehr abwechslungsreich. Kaum ein Rätsel ist wie das andere. So bahnen wir uns unseren Weg durch die verschiedenen Abschnitte, lösen die Rätsel und lassen uns voll und ganz auf das Erlebnis ein. Zur Seite steht uns hierbei die einfache Art der Steuerung. Man verzichtet auf komplizierte Tastenkombinationen und Layout und konzentriert sich nur auf wenige Befehle: Greifen, heranholen und wegdrücken. Zum Bewegen hat man sich auf das für VR bewährte Modell der Teleportation entschieden, welches auch sehr gut zum Spiel passt.

Neben dem Storymodus bietet der Titel noch einen freien Sandboxmodus an. In diesem können wir eine große, freie Fläche nach unseren eigenen Wünschen und Ideen gestalten und Gott spielen. Wir können hierbei nicht nur die Landschaft anpassen, indem wir Sand und Wasser hinzufügen oder entfernen, wir können auch die Position der Sonne anpassen, das Wetter beeinflussen und die Biester auf unserem Plateau leben lassen, mit denen wir bereits in der Story Kontakt hatten. Dabei ist auf ein gutes Gleichgewicht zwischen allen Arten von Flora und Fauna zu achten, um so eine eigene Landschaft mit blühendem (Papier-) Leben zu erschaffen. Im Laufe der Story werden wir somit auch weitere Objekte und Wesen freischalten, mit der wir unsere Sandbox erweitern können.

Das Gameplay von „Paper Beast“ macht wirklich Freude, ist leicht zu beherrschen und bietet mit seinen vielen verschiedenen Rätseln einen ansprechenden Rahmen. Es passt dazu, dass wir im gesamten Spiel mit 0 Informationen versorgt werden, wie wir vorgehen müssen oder was hier eigentlich los ist. Man kann sich so zum Teil eine eigene Handlung überlegen, in dessen Rahmen der Titel spielt. Auch die Sandbox ist ein wirklich ansprechend gelungenes Feature, welches noch einmal den Kern des Gameplays hervorhebt und auch dabei für einiges an Abwechslung sorgt. Man darf hierbei allerdings nicht vergessen, dass es sich um einen PSVR Titel handelt, dessen Möglichkeiten hier und da ein wenig begrenzt sind und wir uns leider manchmal selbst im Weg stehen, aber das lässt sich verkraften. Schade ist es, dass wir den Titel nur mit dem DualShock 4 spielen können, die Move-Controller hätten noch sehr gut ins Gesamtkonzept gepasst.

Realität trifft Fiktion

Bereits in den ersten Minuten von „Paper Beast“ fällt auf, dass der Titel in Sachen Umgebung deutlich auf reale Bedingungen setzt. So gibt es Berge, viel Sand, Wolken, Wasser, alles Elemente, wie man sie auch aus der Realität kennt. In dieser Welt bewegen sich dann die Bestien aus Papier, die in ihrer Art und Weise der Zusammensetzung sehr facettenreich sind und sich gut in das Gesamtbild einfügen. Hinzu kommt eine wirklich ausgeklügelte Spielphysik, welche in Echtzeit die einzelnen Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung berechnet, wenn wir z.B. mit dem Sand oder mit Wasser interagieren. Des Weiteren gibt es immer wieder kleinere Akzente, die für ein gutes Auge fürs Detail sprechen, wie etwa die Tatsache, dass die Wesen eine Spur im Sand hinterlassen, wenn sie sich selbst durch diesen bewegen oder wie sie auf leicht unfreundliche Art hindurch schieben. Leider wirken diese Spuren sehr unscharf, was vermutlich der PSVR geschuldet sein dürfte. Hinzu kommt, dass sich einige der Biester, welche sich ein Stück mit uns durch die Level bewegen, zu langsam sind und wir sie schnell überholt haben. Gerade wenn Sie Teil der Lösung sind ist ihre Trägheit ein wirkliches Problem und die Warterei kann schnell als nervig empfunden werden.

Alles in allem macht die Darstellung von „Paper Beast“ damit einen soliden Eindruck. Die Biester sind wirklich eindrucksvoll, weshalb man sie sich auch gerne genauer aus der Nähe anschaut. Auch die Umgebung ist recht ansprechend gestaltet und die einzelnen Abschnitte versprühen ihren ganz eigenen Charme. Natürlich muss man sich hier auch wieder in Erinnerung rufen, dass es sich um einen Titel für das VR-Headset handelt, grafische Meisterwerke darf man daher nicht erwarten. Nichtsdestotrotz schafft man es mit wenigen Mitteln eine spannende Atmosphäre entstehen zu lassen, in welcher man gerne herumstöbert. Das dabei auf musikalische Untermalung größtenteils verzichtet wird passt gut ins Bild. Hier und da hätten wir uns vielleicht gewünscht, dass wir die Objekte und Biester ein wenig präziser Steuern könnten, was zum Teil auch mit dem eigenen Blickwinkel und den hin und wieder unübersichtlichen Abschnitten zusammenhängt.

TEST: Paper Beast – Wundervoll & ein wenig bizarr
„Paper Beast“ macht genau das, was es soll. Wir bekommen ein ansprechendes Rätsel-Abenteuer geboten, in welchem wir immer wieder vor neue Aufgaben gestellt werden, getreu dem Prinzip „mach mal“. Das Herumprobieren mit den verschiedenen Wesen und Objekten ist dabei überraschend ansprechend, wodurch über lange Strecken kaum Langeweile aufkommt. Wem die Story nicht reicht, für den bietet sich die Sandbox an, in welcher man sich nach Lust und Laune austoben kann. Einziges Hindernis hierbei ist es, dass wir uns zu oft selbst im Wege stehen, sowie in der Story, dass wir uns hin und wieder Verlaufen oder mit der Feinsteuerung des DualShock leicht unzufrieden sind. Insgesamt macht der Titel aber einen wirklich ansprechenden Eindruck, und kann mit seiner Spieldauer von 5-6 Stunden zumindest für einige Stunden sehr gut unterhalten."
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