Echte Horrorspiele im Triple-A Bereich sind in den vergangenen Jahren ziemlich selten geworden und selbst einstige Ikonen wie Resident Evil sind auf ihrem Weg dabei verloren gegangen. Und wenn das nicht schon traurig genug ist, fallen letzte Hoffnungsträger wie „Silent Hills“ unter recht unglücklichen Umständen auch noch unter den Tisch.
Capcom ergreift nun diese geradezu ideale Gelegenheit und möchte mit „Resident Evil 7“ wieder wahren Horror bieten und dem Spieler wie nie zuvor das Fürchten lehren. „Resident Evil 7“ wirft dabei so ziemlich alles über Bord – keine bekannten Charaktere, keine fortlaufende Story, kein altbekanntes Spielprinzip. Manchmal muss man eben so radikal an eine Sache herangehen, um auch wirklich etwas Neues bieten zu können, ohne dabei Gefahr zu laufen, wieder in die alten Muster zurückzufallen. Obendrauf sollen aber auch die Fans langjährige Fans nicht zu kurz kommen. Das ihnen das auf eine erfrischend neue Art gelingt, zeigt euch unser Test zum Spiel.
Willkommen in der Familie
Dulvey, Louisiana – ein fiktives und verschlafenes Nest im Süden der USA. Hier befindet sich das Anwesen der Familie Baker, die man wohl als ziemlich hinterwäldlerisch bezeichnen würde, gefestigt in ihrem Glauben und wo Fremde nicht erwünscht sind. Auf mysteriöse Weise verschwinden hier immer mehr Menschen, so auch die junge Mia, die seit drei Jahren als verschollen gilt … bis ein VHS-Tape auftaucht, das Hoffnung macht, gleichzeitig aber auch davor warnt an diesen Ort zu kommen.
Dass man seine Geliebte nicht einfach im Nirgendwo zurücklässt, ermutigt auch unseren Protagonisten Ethan nach Mia zu suchen, der sich umgehend aufmacht und in Dulvey ein riesiges und marodes Anwesen vorfindet, das recht verlassen scheint. Wer die Demo zu „Resident Evil 7“ gespielt hat, wird dieser Ort bekannt vorkommen; dieses stellt das Gästehaus des Anwesens dar und ist im Hauptspiel sozusagen das Eingangsportal in einen wahren Albtraum. Schon nach wenigen Metern kann man sich ausmalen, dass dies kein Ort ist, an dem man gerne sein möchte. Ein Gefühl des Unbehagens umgibt uns, zugenagelte Türen, tote und verrottende Krähen im Kühlschrank, ein modriger und feuchter Keller, in dem wir Mia in einem Verlies vorfinden. Nach anfänglicher Freude und der Hoffnung, schnell das Weite suchen zu können, wird klar, dass irgendetwas nicht stimmt. Mia scheint nicht mehr dieselbe zu sein, sie wird aggressiv, greift uns an und schlägt uns einen Schraubenzieher durch die Hand – ein hektischer Kampf bricht aus, dem wir nur knapp entkommen … aber eben nur knapp!
Auftritt Jack
Nachdem wir uns Mia zunächst entledigt haben und die Flucht nach vorne antreten, machen wir auch schon Bekanntschaft mit Jack und seiner harten Faust im eigenen Gesicht. Das Familienoberhaupt der Bakers setzt wie in der Demo alles daran, dass es uns unmöglich wird zu entkommen. Erst zur bereits bekannten Dinner-Szene kommen wir wieder zu Bewusstsein, die bereits ausführlich in der Preview-Version erläutert wurde. Es ist der eigentliche Beginn des Spiels, wo es nicht mehr darum geht Mia zu retten, sondern herauszufinden, was hier geschehen ist und wie wir entkommen können.
Kurz hierzu angemerkt: Zwar spielt der erste Abschnitt ebenfalls in der Demo-Sektion, ist jedoch keine 1:1 Kopie dessen. Objekte befinden sich nun an anderen Stellen, die Rätsel sind noch nicht so komplex verstrickt und der Verlauf ist ebenfalls ein anderer. Dennoch hilft die Demo ungemein dabei, sich auf den ersten Metern zurechtzufinden.
Befürchtungen, dass sich „Resident Evil 7“ ausschließlich in diesem Anwesen abspielt, kann man ebenfalls ausräumen. Dies ist zwar zu zweidrittel der Fall, allerdings ist das Anwesen an sich schon recht groß, einschließlich dem Hauptgebäude, dem alten Haus, unterirdischen Kellergewölben, sowie darf man sich später auf einen Sumpf, ein riesiges Schiff und mehr freuen. Natürlich kommt einem alles nicht mehr so weitläufig vor, dennoch schafft man es damit gut 10 bis 12 Stunden angenehm zu füllen.
Atmosphärisch hat man es damit allerdings genau auf den Punkt getroffen. Wie schon in der Preview vermutet, lässt sich der Schauplatz sehr gut mit denen aus bekannten Filmen wie „The Texas Chainsaw Massacre“ vergleichen. Ja selbst die Familie Baker ist denen der Sawyers gar nicht so unähnlich; ein starkes Familienoberhaupt, eine durchgeknallte Mutter und ein paranoider Sohn, die die ganze Zeit durchs Haus schleichen. Sogar bekannte Phrasen der Filme mag man wiederzuerkennen. Das muss jedoch nicht als Abklatsch dessen betrachtet werden, da es wunderbar in das Gesamtbild passt und „Resident Evil 7“ letztendlich auch eine ganze eigene Geschichte erzählt.
Die Story wird zudem immer wieder um spielbare Rückblenden ergänzt, die in Form von VHS-Tapes vorliegen. Diese reichern die Geschichte nicht nur an, sondern helfen auch bei vor euch liegenden Rätseln. So lässt sich zum Beispiel ein Escape Room erkunden, der dank des VHS-Tapes nicht zweimal gelöst werden muss. Auch darf man so kurzzeitig in die Rolle von Mia schlüpfen und einige Ereignisse zeitlich vor dem Spiel erleben.
Rätseln, Suchen, Verstecken
Ein weiterer und wesentlicher Part sind die Rätsel, die vor allem eines voraussetzen – viel Aufmerksamkeit in eurer Umgebung. So komplex oder teils sinnlos, wie in der Demo sind diese zwar nicht, manchmal kann man daran aber auch wirklich verzweifeln. Nicht zuletzt dadurch, dass man sich ständig panisch und ängstlich durch das Haus bewegt und seine Sinne nur auf die Bakers versteift, die zu jederzeit und überall auftauchen können. Da übersieht man sehr schnell nützliche Objekte oder wie es womöglich vorangeht. An Abwechslung mangelt es diesen zudem auch nicht – hier eine Lampe richtig positionieren, dort einen Schlüssel zusammensetzen oder Objekte richtig im Licht drehen und kombinieren. Gerade weil sich die Rätsel so gut wie nie wiederholen, steigt der Anspruch weiter nach oben.
Spielerich schwenkt „Resident Evil 7“ ja bekanntlich von der Third- zur First-Person Sicht, was Capcom bereits seit der Ankündigung ständig verteidigen muss. Neben dem Umstand, dass dies für die VR-Version die bestmögliche Erfahrung darstellt, profitiert man aber auch so sehr deutlich davon. So bewegt man sich die meiste Zeit schleichend durch das Haus, um nicht von den Bakers entdeckt zu werden. Selbst wenn man sich mit diesen im gleichen Zimmer befindet, kann man sich noch immer wegschleichen, in dem man sich zum Beispiel geduckt um Möbel herumbewegt. Besonders hier entstehen wirklich interessante Kameraperspektiven, die eben nur in der First-Person Sicht möglich sind und unterbewusst die Angst fördern, die Angst vor dem, nicht zu wissen was kommen wird oder hinter der nächsten Ecke passieren könnte.
Hinzu kommen diesmal auch wieder die Crafting-Elemente, denn Ressourcen sind generell knapp und man sollte gut überlegen, ob man für die nächsten Meter lieber ein Heilmittel herstellt oder doch lieber Munition. Was kann man alles in den Saferoom Kisten zurücklassen und was ist am effektivsten für euren nächsten Gegner? Dass man hin und wieder sterben wird, steht eigentlich außer Frage. Es ist auch in diesem Fall mehr die stetig präsente Angst davor, die euch unbewusst die Kehle zuschnürt. Genau so funktioniert Horror am besten und nicht nur durch die oft gewählte Aneinanderreihung von Schreckmomenten.
Abseits dessen bietet das Anwesen aber auch so viele Möglichkeiten zum Erkunden, es gibt unzählige geheime Türen und Zimmer, man kann sich in den Wänden bewegen, unter dem Boden langkriechen, über den Dachboden steigen. Man ist geradezu verblüfft, wie komplex das Anwesen und die Häuser miteinander verbunden sind, zwischen denen man ständig hin und her wandern muss. Es ist ein wahres Zuhause für Horrorfans.
Vom Horror zur Action
Aber auch Fans der letzteren, action-orientierten Ableger sollen nicht zu kurz kommen, denn im letzten Drittel des Spiels wandelt sich der Schauplatz, man durchsucht ein riesiges Schiff, bekommt stärkere Waffen wie ein Maschinengewehr zur Hand, muss gegen mutierte und größere Gegner bestehen und letztendlich in den finalen Kampf ziehen, der die wahre Geschichte hinter der Familie Baker offenbart. Bis zuletzt hebt man sich hier Überraschungen für die Fans auf, die wir an dieser Stelle jedoch nicht verraten möchten. Der letzte Part von „Resident Evil 7“ bietet ein deutliches Kontrastprogramm, der mir persönlich jedoch nicht ganz zusagt. Es wirkt ein wenig so, als müsse man die Resident Evil-Timeline noch irgendwie mit unterbringen. Hätte man es mit dem Fokus auf die Familie Baker belassen und sich ausschließlich auf den grandiosen und subtilen Horror beschränkt, der bis dahin geboten wird, bliebe eine denkwürdigere Erinnerung zurück.
Atmosphärisch und dichter Sound
Als Antriebsmotor hat sich Capcom für die neue Resident Evil-Engine entschieden und verfolgt dank den Möglichkeiten der aktuellen Hardware damit ebenfalls den Fotorealismus. Insbesondere Horrorspiele werden davon immer mehr profitieren, wodurch eine äußerst dichte Atmosphäre quasi garantiert ist. Abgesehen davon, dass „Resident Evil 7“ diesem erstaunlich nahekommt, beeindruckt das Spiel vor allem mit dem gekonnten Einsatz von Licht und Schatten-Szenerien, den vielen Details und liebevoll ausgeschmückten Umgebungen. Man fühlt sich mit dem Betreten des Hauses sofort unwohl und es jagt einem den puren Ekel über den Rücken, wenn man durch enge Wände kriecht, Käfer und Tausendfüßler direkt vor den Augen hat, durch vergorenes Wasser schwimmen oder den Keller betreten muss, der einem Schlachthaus gleicht. Capcom hat an keiner Ecke mit oft klassischen Elementen des Genres gespart, was vor allem PlayStation VR Spieler sprichwörtlich hautnah miterleben werden.
Speziell für die VR-Erfahrung muss man wohl Nerven wie Drahtseile haben, um die gut 12 Stunden voll durchzuziehen. Hier ist es vor allem der Umstand, dass alles direkt vor einem stattfindet und unglaublich immersiv auf einen einwirkt. Jeder Schreckmoment wird zu einer wahren Tortur, selbst wenn man sich sicher scheint, was als nächstes kommen mag, wird man nicht selten den Schock seines Lebens mitnehmen. Einzig die Displayqualität von PlayStation VR, insbesondere in helleren Abschnitten, lässt an dieser Stelle ein wenig zu wünschen übrig. Viele gibt es davon jedoch auch nicht im Spiel.
Den letzten Rest gibt euch „Resident Evil 7“ mit seiner fantastischen Soundkulisse, wobei man eindringlicher denn je empfehlen muss, spielt es mit einer anständigen Surroundanlage oder entsprechenden Kopfhörern, und gerne auch etwas lauter. Es ist ja nicht nur der Umstand, dass es das atmosphärische Gesamtbild abrunden soll, auch spielerisch verwandelt man seine Erfahrung damit in ein echtes 3D Erlebnis. Die Bakers lassen sich somit aus jeder Richtung orten, selbst hinter Wänden kann man ihre Schritte genau wahrnehmen, jedes knarzen hinter euch löst schon fast Panik aus und Schreckmomente werfen einen regelrecht aus den Socken. Mit dem platten Ton aus den TV-Lautsprechern verliert man leider unglaublich viel dieser sonst so tollen Erfahrung.
Entwickler: Capcom // Publisher: Capcom // Release: 24. Januar 2017 // Offizielle Seite: www.residentevil7.com