Shooter gibt es für die neue Konsolengeneration bereits zu Hauf. Eines haben sie alle gemeinsam: Auch mit stupidem Rambo-Style konntet ihr problemlos den Abspann erreichen. Dies ändert sich nun, denn kurz vor dem berüchtigten Sommerloch erschien nun der dritte Teil von „Sniper Elite“ für alle aktuellen Konsolen. In unserem Test der PS4-Version verraten wir euch, ob sich der Blick durch das Zielfernrohr des virtuellen Scharfschützengewehres lohnt.
Story: Dünn und unbedeutend
Wir schreiben das Jahr 1943. Der zweite Weltkrieg ist im vollen Gange. Deutsche und italienische Truppen sind in Afrika eingerückt und haben einen Großteil des Nordens eingenommen. Es gibt Gerüchte, dass diese an einer geheimen Waffe arbeiten, die den Krieg entscheiden könnte. Eure Aufgabe besteht darin mehr darüber hinauszufinden und die drohende Niederlage der Alliierten durch die Zerstörung der vermeintlichen Superwaffe aufzuhalten. In insgesamt acht Missionen, die je nach Schwierigkeitsgrad jeweils schnell mehr als eine Stunde eurer Zeit in Anspruch nehmen, kommt ihr dem Geheimnis Stück für Stück auf die Schliche. Euch erwarten dabei keine großen Überraschungen. Weniger noch als bei den großen Namen des Genres wie Call of Duty oder Battlefield, die voll von festgelegten Ereignissen und Zwischensequenzen sind, welche euch mehr oder weniger spannende Momente liefern. Diese Spiele brauchen diese Methode um Spannung zu generieren, Sniper Elite III jedoch nicht. Daher sollte der Story nicht zu viel Beachtung geschenkt werden.
Ein ganz normaler Tag im Leben eines Scharfschützen
Vorsichtig habt ihr euch zu einer Aussichtsplattform geschlichen, die Wache mit einem Stein abgelenkt, dann unbemerkt mit dem Messer von hinten ausgeschaltet und die Leiche in einer dunklen Ecke versteckt. Ein kurzer Tritt gegen den laufenden Stromgenerator und schon spuckt dieser begleitet von tosendem Lärm etwas Qualm. Die Feinde achten nicht darauf, denn viel zu oft zicken diese Generatoren herum. Ihr legt euch auf den Boden, zückt euer Fernglas und kundschaftet die Gegend aus. Ihr seht euer Ziel, einen hochrangigen Offizier den ihr ausschalten müsst, sowie mehrere Patrouillen und feste Wachposten. Genau studiert ihr deren Laufwege und Blickrichtungen. Dann greift ihr zu eurem Scharfschützengewehr und zielt damit zwischen zwei Reihen von Sandsäcken auf einen Gegner, der auf einem Wachturm steht. Ihr wartet bis kurz vor dem Moment, in dem der Generator wieder laute Geräusche von sich gibt und haltet die Luft an, um genau auf den Kopf des Wachmannes zu zielen. Dabei berechnet ihr Entfernung sowie Windrichtung und Windgeschwindigkeit mit ein. Alles um euch herum wird leise, ihr hört nur noch euren Herzschlag und konzentriert euch auf das Ziel und euer Gehör. Da ist er: der Moment auf den ihr gewartet habt. Der Generator gibt ohrenbetäubenden Lärm von sich und euer Ziel ist genau erfasst. Ihr drückt ab, das Ziel fällt im Wachturm zu Boden. Niemand hat etwas mitbekommen. Ihr fahrt mit dem nächsten Ziel fort, bis letztlich ein ganzes Lager leergefegt ist. Und das ohne gesehen oder gehört worden zu sein. So etwas kann nur einer, nämlich ihr: Karl Fairburne, amerikanischer Elite-Soldat.
Gameplay
Wenn euch diese Beschreibung Lust auf mehr gemacht hat, dann seid ihr bei Sniper Elite III genau richtig, denn dies werdet ihr während des Spiels hunderte Male so oder zumindest so ähnlich tun müssen. Entwickler Rebellion hat es abermals geschafft, die entscheidenden Momente passend in Szene zu setzen. Euer Controller wird durch Vibration eins mit dem Herzschlag des Protagonisten, das Geräusch der abspringenden Patronenhülsen kommt aus dem Lautsprecher des DualShock 4 und ihr seht eure abgeschossene Patrone in Zeitlupe. Dies ist wohl auch das markanteste und am meisten diskutierte Markenzeichen der Spielereihe. Die Zeitlupe wird durch den altbekannten Röntgeneffekt unterstützt, der euch den Einschlag der Kugel und deren Auswirkungen im Körper eures Zieles genau verfolgen lässt. Ob diese äußerst brutale Darstellung gefällt, die es überraschenderweise komplett ohne Zensierungen in der deutschen Version an der USK vorbeigeschafft hat, bleibt jedem selbst überlassen. Uns wurde sie nach einigen Malen in jedem Falle ein zu großer Zeitfresser, weshalb wir die Möglichkeit, sie mit nur einem Knopfdruck zu überspringen, begrüßt haben. Alternativ lässt sie sich auch komplett im Optionsmenü ausstellen.
Gänzlich überarbeitet wurde die KI, wobei wir uns nicht sicher sind, ob hier nicht eher Rückschritte gemacht wurden. Während man beim Vorgänger noch sicher sein konnte, dass Scharen von Gegnern über einen hinwegfegen, sobald man einen hörbaren Schuss abgegeben hat, hat man im neuesten Teil problemlos Zeit ihnen gänzlich zu entkommen. Denn jedes Mal, wenn ihr gehört werdet, sind die Gegner in besonderer Alarmbereitschaft. Sie wissen dann aber noch nicht, wo genau ihr seid. Durch eine Anzeige seht ihr genau wie weit ihr euch wegbewegen müsst, damit die Gegner euch sicher nicht finden. Wenn ihr also genug Geduld habt, dann erledigt ihr mit einem Schuss einen Gegner und bewegt euch ungesehen ca. 40 Meter zu einer anderen Stelle. Die Gegner verlieren jedes Mal sehr schnell ihr Interesse an euch und tun das, was sie zuvor auch schon taten, als ob nichts geschehen wäre. Natürlich muss man dem Spiel zu Gute heißen, dass durch dieses System ein paar taktische Manöver möglich sind, die es durchaus interessanter machen können. Wir empfanden es aber eher als deutliche Vereinfachung. Generell sind die Feinde – abgesehen von den feindlichen Scharfschützen – alles andere als aufmerksam. Alles was weiter als ein paar Meter von ihnen weg geschieht, ist ihnen egal. Hier hätte etwas Feintuning gut getan.
Abgesehen davon lässt sich nicht viel gegen das Gameplay sagen. Die erzeugte Spannung sucht in dem Genre seinesgleichen und die Missionen bieten durch unterschiedliche Settings und zahlreiche Möglichkeiten genug Abwechslung. In den relativ offenen Arealen findet ihr immer wieder neue Wege, Gänge und geeignete Positionen, die keinen Spieldurchlauf gleich erscheinen lassen müssen. Wie viele Gegner ihr letztendlich möglichst klamm und heimlich beseitigt oder geschickt umgeht, bleibt meist euch überlassen. In Verbindung mit dem Erfahrungssystem, das euch mit der Zeit neue Ausrüstung freischalten lässt, den zahlreichen Sammelgegenständen und den optionalen Missionszielen, ergibt sich ein enorm hoher Wiederspielwert.
Schwierigkeit: mittel bis quasi unmöglich
Die Wahl von einem der vier Schwierigkeitsgrade beeinflusst das Gameplay stark. Auf den niedrigen wird die Ballistik der Kugeln gar nicht oder nur wenig durch Entfernung und Wind beeinflusst. Spielt ihr aber auf einem der zwei höchsten, dann machen diese Faktoren einen großen Unterschied. Unverständlich war es für uns, wieso bei dem ursprünglich höchsten Schwierigkeitsgrad „Sniper Elite“ der Einschlagsort der Kugel noch immer klar angezeigt wird, sobald ihr die Luft anhaltet. Dies war beim Vorgänger noch nicht der Fall. Dort führte die erfolgreiche und selbstständige Kalkulation der Umwelteinflüsse auf die Kugel zu dem gewissen Nervenkitzel. Der nun neu hinzugekommene Schwierigkeitsgrad „Authentisch“ verzichtet zwar auf die Zielhilfe, allerdings auch auf sämtliche andere Hilfen wie die Mini-Map und die Sichtbarkeits-Indikatoren. Ihr müsst daher selbst merken, ob euch die Gegner entdecken oder nicht. Auch gespeichert werden kann hier während der kompletten und sehr langen Missionen nicht. Ansonsten könnt ihr jederzeit manuell speichern, was ebenso neu ist, wodurch eine extreme Kluft zwischen den beiden letzten Schwierigkeitsgraden entsteht. Immerhin bietet das Spiel wohl die fast einzigartige Möglichkeit die Missionen mit eigens angepasster Schwierigkeit zu spielen. Wer eine extreme Herausforderung sucht, der wird mit „Authentisch“ in jedem Falle eine sehr, sehr harte Nuss zum Knacken gefunden haben.
Multiplayer: Kooperativ und Kompetitiv an Bord
Neben der Möglichkeit die komplette Kampagne online zu zweit zu spielen, stehen mit „Survival“ und „Überwachung“ noch zwei weitere kooperative Modi zur Verfügung, die jedoch nur auf je zwei Karten gespielt werden können. Erstmals ist auch ein kompetitiver Modus dabei. Entweder alleine oder im Team messt ihr euch im klassischen Deathmatch oder bei dem Erreichen des weitesten Abschusses. Wer nicht überraschend von hinten mit einem Maschinengewehr überrumpelt werden möchte, der kann auch auf einen speziellen Team-Deathmatch-Modus zurückgreifen, bei dem beide Teams in der Mitte getrennt werden. Wer online Erfolg haben möchte, der sollte auf jeden Fall nicht zu weit von seinem Fernseher entfernt sein, denn viel mehr als nur den kleinen Kopf wird man von seinen Gegnern nur selten sehen. Die verdiente Erfahrung wird übrigens mit der im Einzelspieler erworbenen geteilt. Insgesamt haben uns die getesteten Modi durchaus Spaß bereitet. Leider war ein ausgiebiges Testen durch derzeitige heftige Serverprobleme nicht möglich. Wir hoffen, dass dies in Kürze behoben wird, denn der Multiplayer hat in jedem Falle großes Potenzial, da er die nötige Abwechslung vom sonstigen Shooter-Brei bietet.
Grafik und Sound
Mal wieder darf man keine Grafikpracht erwarten. Dem Spiel ist deutlich anzusehen, dass es auch für die alte Konsolengeneration erscheint, denn es wirkt lediglich leicht aufpoliert. Die Auflösung und die Sichtweite wurden erhöht, ansonsten bleibt es bei den gleichen leblosen Texturen. Der Sound trägt hingegen stark zur Spannung bei und ist genau wie die deutsche Synchronisation des Protagonisten gut gelungen. Leider traten bei unserem Test hin und wieder sowohl Grafik- als auch Sound-Fehler auf, die das Spielerlebnis getrübt haben.
Entwickler: Rebellion
Publisher: 505 Games
Release: 26. Juni 2014
Offizielle Homepage: www.sniperelite3.com
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