Mit „Code Vein“ veröffentlichte Bandai Namco vor einigen Tagen einen Titel der nicht zu unrecht mit dem Dark Souls-Franchise von From Software verglichen wird. „Code Vein“ ist mit seinen reichlichen Zwischensequenzen in der Story und noch mehr Dialogen zwar mehr auf den Mainstream-Markt ausgerichtet als Dark Souls, der spielerische Anspruch wird dadurch aber keineswegs gemindert. Ob „Code Vein“ es wert ist sich seine Hände blutig zu machen, erfahrt ihr in unserem Test.
Vampirgestalten überrennen die Welt
Nach einer Katastrophe sind Städte nur noch Ruinen, Straßen liegen in Schutt und Asche, verlassen sind sie jedoch nicht. Sogenannte Wiedergänger kämpfen täglich ums Überleben, denn die vampirähnlichen Kreaturen brauchen Blut, um ihren Verstand zu wahren. Diejenigen, die dem täglichen Überlebenskampf nicht gewachsen sind, verlieren allen klaren Menschenverstand, verwandeln sich in groteske Kreaturen und jagen dann Wiedergänger und ihresgleichen. Noch aussichtsloser wird die Situation durch einen giftigen Nebel, der die Stadt umgibt und für die Wiedergänger gefährlich ist. Eingeschlossen mit den Wiedergängern, die schwächere Individuen versklaven, und reichlich Monster, erfährt man am eigenen Leib, wie aussichtslos die Situation der Überlebenden sein kann.
Bevor man allerdings das harte Leben eines Wiedergängers am eigenen Leib erfahren darf, muss man sich wie so oft erst eine Spielfigur erstellen. Hier darf man sich mit Dutzenden von Haarschnitten, Augen, Narben, Hüten und Outfits sein Aussehen anpassen. Nachdem man sich mit dem ausschweifenden Figureneditor auseinandergesetzt hat, geht es auch schon mit dem Überlebenskampf los. Von stärkeren Wiedergängern versklavt, darf man sich auf die Suche nach Blut machen, was jedoch oftmals nicht so gut verläuft wie erhofft. In einer Tutorial-Mission wird euch euer erster Partner zur Seite gestellt, mit dem ihr gemeinsam auf die Jagd geht. Nach eurem ersten Bosskampf erhaltet ihr zudem einen Blutcode, die in „Code Vein“ als Klassen dienen und nach Belieben gewechselt werden können. Im Verlauf des Spiels werden zudem immer wieder neue Blutcodes freigeschaltet, die mit unterschiedliche Fertigkeiten daher kommen und den Fokus auf verschiedene Statuswerte setzen. Fertigkeiten, die mit individuellen Codes ausgestattet sind, lassen sich zudem durch deren Nutzen oder den entsprechenden Gegenständen freischalten, danach kann man sie mit anderen Blutcodes verwenden, wodurch das Kampfsystem spannend und vielschichtiger wird.
Vertraute Elemente
Dass hier vieles von Dark Souls “abgekupfert” wurde, wird spätestens dann klar, wenn man seine erste Mistel erreicht. An Misteln wird man nach einem Tod wiederbelebt und erhöht seine Stufe – obendrein dienen selbige als Schnellreisepunkte. Auch das Kampfsystem macht mit seinem Fokus auf Konter, Rollen und “Estus” einen sehr vertrauten Eindruck. Steht man hinter einem Gegner oder führt einen erfolgreichen Konter aus, bekommt man eine hübsche Animation präsentiert in der eurem Gegner ordentlich eines übergebraten wird.
Wer hier Hilfe braucht, kann auch auf seine KI-Kameraden zurückgreifen oder online einen Hilferuf absetzen, wodurch andere Spieler beitreten können. Möchte man nur gemeinsam mit einem Freund auf Jagd gehen, kann man den Spielbeitritt optional mit einem Passwort versehen und somit ungewünschte Companions aussperren.
Wenn man mit Dark Souls schon vertraut ist, sollte man mit „Code Vein“ kaum Probleme haben. Kämpfe und Gegner sind vergleichsweise einfach und KI-Kameraden können euch im Tausch für etwas Lebenskraft sogar wiederbeleben. Noch einfacher wird es, wenn man sich die besagte online Hilfe sucht. Wenn man allerdings eine größere Herausforderung sucht, sollte man seinen KI-Kumpel einfach in der Heimatbasis zurücklassen und Abstand vom Multiplayer nehmen. Wie schon „Dark Souls bietet aber auch „Code Vein“ einen New Game+-Modus, in dem das Spiel dann auch deutlich kniffliger wird.
Kamera mit Eigenheiten
Wenig schön viel allerdings die Kamera auf, die, wenn man dies in den Optionen so einstellt, nach dem Tod eines Gegners sofort den nächsten anvisieren soll, dies aber nicht verlässlich genug macht. Obendrein hat die Kamera mal wieder mit dem Klassiker zu kämpfen: enge Räume und Korridore. Hin und wieder findet man sich in besonders engen Räumlichkeiten wieder, wenn man dann aber von einer Horde Monster umzingelt wird und die Kamera einem der Ungetüme folgt, geht sie gern auch mal Kuschelkurs, so dass man außer dem Hinterkopf der Spielfigur praktisch nichts mehr sieht.
Technisch liefert „Code Vein“ zudem leider keine allzu große Glanzleistung ab. Oft kommt es zu starken Einbrüchen, die sich vor allem in der Hitze des Gefechts auf das Gameplay auswirken können. Wenn man dann stirbt, kann man zurecht der ruckligen Bildrate die Schuld geben. Texturen sind zudem oft extrem verschwommen und werden erst im Laufe der Zeit geladen, was durch etwas mehr Optimierung sicherlich zu beheben gewesen wäre. Animationen wirken indes und teilweise extrem steif – so weiß die Spielfigur beim Treppensteigen zum Beispiel nicht wo sie ihren Fuß platzieren soll, was durchaus seltsam aussieht. Auch Haare und Accessoire respektieren nicht die Gesetze der Physik und klippen durch Kleidung oder bohren sich in den Körper der Spielfigur, was besonders in Zwischensequenzen ärgerlich auffällt.
Grauenhaft sind auch die Ladezeiten zwischen den einzelnen Gebieten. Muss man in das Hauptquartier, um seine Waffen zu verbessern, Gegenstände zu kaufen oder mit Figuren zu reden, kann man sich auf eine gute Minute Wartezeit einstellen. Erledigt man dann in 20 Sekunden seinen Einkauf, um dann eine weitere Minute auf dem Ladebildschirm zu verbringen, und stellt dann fest, dass man doch noch etwas vergessen hat, beginnt diese Odyssey von vorne, Frust inklusive.
Hinweis: „Code Vein“ bietet englische Sprachausgabe, wahlweise auch in Japanisch und deutsche Texte. Die Vertonung ist durchaus gelungen, stellenweise aber anime-typisch überzogen. Wenig anfangen konnte ich mit dem stummen Protagonisten der, wie in so vielen Spielen, wortlos in der herumsteht und übertrieben gestikuliert.