Manchmal fragt man sich, ob Entwickler ihre eigenen Spiele auch mal selbst spielen, bevor man sie auf den Endkunden loslässt. Im Fall von “Overpass” aus dem Hause Zordix AB Racing könnte man seine Zweifel daran haben. Da hat man schon eine wirklich coole Idee, wie man etwas Abwechslung ins Racing-Genre bringen kann, und dann vergeigt man es an so vielen Ecken. Warum der eigentlich so hoffnungsvolle Titel eure Nerven gewaltig auf die Probe stellt, erfahrt ihr in unserem Review.
Nicht der schnellste gewinnt
“Overpass” schickt euch in waghalsige Gelände, in denen ihr auf ATVs, Buggys, Trucks & Co. einen Hindernisparcour bewältigen müsst. Zwischen Sandstränden, Waldgebieten, Baggergruben und sonstigen Schotterpisten gilt es aufgetürmte Autoreifen, Wippen, Betonröhren oder schlicht das unwegsamste Gelände zu meistern, das man sich nur vorstellen kann. Soweit, so gut! Mal eine wirklich andere Idee, die von Haus aus schon motivierend klingt. Bereits die gamescom Preview im vergangenen Jahr machte trotz kleinerer Probleme Lust auf mehr, weshalb man es kaum abwarten konnte, die finale Version zu spielen. Zwar hat sich seitdem etwas getan, leider aber nicht genug.
Dabei sind die Mannen von Zordix AB Racing gar nicht mal so unkreativ, wie alleine schon die Kampagnenstruktur zeigt. Statt starrer Muster und eingemotteten Ideen wirkt diese erfrischend anders aufgebaut, belohnt euch zwischendurch einfach mal so mit neuen Fahrzeugen oder Equipment und ist auch sonst ziemlich abwechslungsreich gehalten. Zum Beispiel bezieht man Sponsoren mit ein, die euch bei entsprechenden Leistungen zusätzlich entlohnen. Denn je erfolgreicher man sich gibt, desto lukrativere Sponsoren lassen sich hier an Bord holen, was am Ende mehr Kohle für neue Teile, Fahrzeuge und Equipment bedeutet. Auch die Idee, dass man die Kampagne nur einmal starten kann und dann durchziehen muss, gefiel mir sehr. In Sand gesetzte Rennen wiederholen gibt es nicht. Habt ihr euch mit einem Rennen einmal platziert, ist dies endgültig bis zum Ende der Karriere. Andernfalls muss man alles über Bord werfen und wieder ganz am Anfang beginnen.
Dass die Karriere nur aus 12 Challenges und 29 Rennen besteht, klingt erstmal wenig, angesichts dessen, dass ein Rennen auch mal eine gute halbe Stunde dauern kann, ist das aber mehr als genug. Die Kampagne sollte ohnehin erst einmal in den Hintergrund rücken, denn Training ist das A & O bei “Overpass”. Und üben kann man am Besten im Freigelände oder den ‘Schnellen Rennen’. Leider zeigen darin auch schon die größten Probleme des Spiels, die mehr Frust als Spaß aufkommen lassen.
Gas und Bremsen, vor und zurück
Zugegeben, die Physik der Fahrzeuge hat sich seit der gamescom Preview ein wenig verbessert, das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass so viele andere Stellen einfach nur frustrieren. Das beginnt schon beim Level-Design, das an sich zwar spannend und fordernd aufgebaut ist, dennoch einige gravierende Design-Fehler aufweist. Ein simples Beispiel wäre, dass man einen 70 Grad Abhang hinauf fahren soll und logischerweise auch etwas Anlauf dafür braucht, egal ob 2- oder 4-Rad Antrieb – anders geht es nun mal nicht. Wer dann auf die Idee kommt, am tiefsten Anlaufpunkt ein Hindernis zu platzieren, gehört eigentlich sofort entlassen. Ein weiteres Beispiel sind die Spawnpunkte, die teils so daneben platziert sind, dass man den Controller am liebsten gleich wieder weglegen möchte. Entweder man wird direkt auf einem Felsen aufgebockt oder man muss sich erstmal aus einer Sandgrube heraus schaufeln, während man noch keinen Zentimeter vorangekommen ist. Ohnehin dauert das Spawnen schon viel zu lange, was das Ganze zusätzlich ausbremst.
Jeder kennt Rennspiele, in denen man sich mal in einer Ecke festfährt und sich dann umständlich dort herausmanövrieren muss, obwohl man eigentlich nur Gas geben möchte. Genauso kann man sich “Overpass” in der Gänze vorstellen – ein ewiges hin und her, bei dem jeder Erfolgsmoment mit dem Spawnen sofort zunichte gemacht wird. Auch das ständige Umkippen der Fahrzeuge wird irgendwann zu einer echten Geduldsprobe, das vielleicht irgendwo den Realismus wiederspiegeln soll, etwas mehr Toleranz wäre aber nett gewesen, zumal euch jeder kleinste Kieselstein völlig aus der Bahn wirft. Wirklich schade, dass “Overpass” in der Hinsicht so gnadenlos zu einem ist.
Auf der anderen Seite hat man willkommene realistische Aspekte mit einbezogen, etwa dass die Fahrzeuge während der Rennen auch beschädigt werden und man sie nur zu einem bestimmten Teil wieder reparieren kann. Man bekommt also nicht mit jedem Rennen ein brandneues Auto spendiert. Auch das richtige Gefühl fürs Gas geben spielt eine große Rolle, denn wer im Sand gleich voll drauf drückt, gräbt sich eher ein, als derjenige, der mit etwas Gefühl an die Sache geht. Ebenso wirken sich hinterlassene Fahrspuren unter Umständen auf das Handling aus, man kann zusätzlich das Differenzial sperren, um etwa ein ungewolltes zurückrollen zu vermeiden, büßt gleichzeitig aber auch etwas von der Lenkung ein usw. Hier hat man an viele Details gedacht, nur werden diese positiven Aspekte noch zu sehr von den negativen überschattet.
Am Ende konnte ich mir nicht wirklich erklären, wo durchgehender und anhaltender Spielspaß aufkommen soll, wenn man letztendlich überall festhängt, immer wieder zurückgeworfen wird und für Fehler bestraft wird, für die man im Grunde nichts kann. Vielleicht würde es schon helfen, wenn man expliziter empfehlen würde, welches Fahrzeug sich auf welcher Strecke wirklich eignet, und man nicht erst mittendrin feststellen muss, dass die eigene Wahl ein ziemlicher Griff ins Klo war. Probieren über studieren wird in „Overpass“ jedenfalls ganz groß geschrieben – zu Lasten eurer Geduld!
Überraschend hübsch, aber auch einsam
Zordix AB Racing kannte man bisher nur von kleinen Indie-Titeln wie “Aqua Moto Racing”, weshalb es etwas überraschend war, dass man sich mit “Overpass” mehr auf das Triple-A Parkett begibt. Denn technisch kann sich der Titel durchaus sehen lassen. Die Gesamtoptik stimmt, macht einen atmosphärischen Eindruck und setzt auf hochwertige und ansprechende Texturen. Klar ist es jetzt noch kein “Need for Speed”, aber bis auf offensichtliche Pop-Ups und kleinere Performance-Einbußen lieferte man hier immer noch ordentlich ab. Das gilt auch für das Level-Design an sich, das durchweg abwechslungsreich, mit motivierenden Ideen und interessant gestaltet wurde.
Dann wird es aber auch wieder sehr einsam, denn neben der Tatsache, dass man die Rennen immer nur alleine angeht, ausgenommen im Multiplayer, hat man völlig die Musik darin vergessen. Die gibt es nur in den Menüs, während die Rennen meist nur von den Rasenmähergeräuschen eurer Motoren begleitet werden. Die sind auch gleich so dominant und nervig, dass man die Soundeffekte irgendwann freiwillig runter schraubt. Das sollte sich aber mit einem Update beheben lassen oder man spielt einfach seine eigene Musik ein.