Da ist es nun! „Uncharted 4: A Thief´s End“, Naughty Dog´s letztes Spiel der Serie, bevor man den smarten Helden Nathan Drake endgültig in Rente schicken möchte. Umso größer sind die Erwartungen an das Action-Adventure – noch einmal eine epische Geschichte niederschreiben, noch einmal technisch alle Register ziehen und vor allem eines, ein Ende auf den Bildschirm zaubern, das diesem Mega-Franchise auch würdig ist und zeitgleich die Fans keinesfalls enttäuscht. Keine leichte Aufgabe für Entwickler Naughty Dog, die man dennoch ziemlich grandios meistert.
Der größte Piratenschatz aller Zeiten
Seit der Fertigstellung und vor allem dem kürzlichen Leak des Spiels ist die Sorge bei Naughty Dog groß, dass insbesondere essenzielle Teile der Story nach außen dringen, da die Millionen Fans vor allem eines brennend interessiert – was passiert mit Nathan Drake am Ende? Dieses Geheimnis muss man sich wahrlich in über 20 Kapitel und einer außergewöhnlich langen Story verdienen, zu dem wir nur so viel verraten möchte, dass es tatsächlich eher unwahrscheinlich ist, dass es ein Wiedersehen mit Nathan geben wird.
Doch bis es soweit ist, steht euch zunächst das wohl bisher größte Abenteuer in Uncharted bevor, eine Piratenschatzjagd, die schon in der Kindheit von Nathan und seinem Bruder Sam begann, der nach 15 totgeglaubten Jahren zurückkehrt und noch immer Spuren zu dem legendären Schatz des Piraten Henry Avery verfolgt. Aber es wäre ja kein richtiges Uncharted, wenn Sam und Nathan die Einzigen wären, die diesem Schatz hinterherjagen und so beginnt ein spannender Wettlauf um die sagenumwobene Piratenstadt Libertalia, die irgendwo vor der Küste von Malaysia vermutet wird. Gleichzeitig gibt es ein Wiedersehen mit alten Bekannten, einschließlich Elena, Sully und Nadine Ross als knallharte Gegenspielerin in diesem Abenteuer. Die Geschichte um den Piratenschatz erinnert ein wenig an den Klassiker „Die Goonies“, allerdings in einem viel größeren Maßstab, einer cineastischen Erzählweise wie von Naughty Dog gewohnt und einer fantastischen Gesamtpräsentation, die die Messlatte auf PlayStation 4 weiter nach oben hievt.
Charaktere stehen diesmal im Fokus
Für eine Serie, die vor allem für ihr dynamisches Tempo bekannt ist, nimmt man sich diesmal außergewöhnlich viel Zeit für jeden Einzelnen der Hauptcharaktere. Hier kommen die Einflüsse des The Last of Us-Teams rund um Bruce Straley und Neil Druckmann deutlich zum Tragen, die sich mit „Uncharted 4: A Thief´s End“ nicht nur der Gegenwart widmen, sondern auch viele Lücken der Vergangenheit füllen, wie der Hochzeit von Nathan und Elena, warum sein Bruder Sam so lange verschwunden war oder wie man auf die Spuren von Henry Avery gekommen ist. Das Uncharted-Franchise wird hiermit nochmals um viele interessante Aspekte beleuchtet und geht weit über oberflächliche Small Talks hinaus, setzt auf tiefer greifende Gespräche über die Beziehungen zwischen den Charakteren, aber auch über alltägliche Probleme und Hürden, die jeder von uns kennt sind dabei Gegenstand. Es ist natürlich etwas gewagt, da man hiermit ein wenig über die eigenen Füße stolpert und einzelne Passagen sehr langatmig und beinahe Träge wirken, was das gewohnte Gesamttempo etwas ausbremst. Auf der anderen Seite sind aber insbesondere diese Zwischensequenzen so schön geworden, dass man sich einfach nur zurücklehnen und diese genießen möchte. The Last of Us lässt erneut grüßen!
Spielerische Neuheiten und bekannte Probleme
Auch spielerisch setzt man mit Teil auf das gewohnte Uncharted-Gameplay, hat einige Neuerungen zu bieten, aber auch Probleme der Vorgänger 1:1 übernommen. Das markanteste Feature ist diesmal wohl der Greifhaken, den Nathan laut Story schon als kleiner Junge für sich entdeckt hat. Dass dieser in Teil 1 bis 3 komplett fehlte, könnte man daher als logischen Fehler betrachten, vor allem, wenn man bedenkt, wie oft er uns das Leben im Spiel rettet. Spaß macht es aber allemal damit durch den Dschungel zu schwingen, über einem tödlichen Abgrund zu baumeln oder Kisten zu ziehen, anstatt schieben zu müssen. Ebenfalls neu ist, dass man Fahrzeuge nun komplett selbst steuern kann und man diesen ganze Levels und umfassende Passagen gewidmet hat. Macht euch dabei auf adrenalingeladene Rennen gefasst, während euch die Kugeln nur so um die Ohren fliegen, oder ausgiebige Ausflüge in der Wüste von Malaysia.
Mit dabei sind auch wieder die fantastischen Inszenierungen der Faustkämpfe, bei denen die Kamera stets besonders nahe dran ist und die 2-Mann-Interaktionen deutlich häufiger zum Einsatz kommen. Gegner können euch nun auch für längere Zeit festhalten, aus dessen Griff ihr euch mit etwas Aufwand selbst befreit oder Sam zur Hilfe kommen lasst. Das sieht nicht nur toll aus, sondern wirkt auch wie direkt aus einem Actionfilm geschnitten.
Schwach zeigen sich hingegen die grundlegendsten Spielmechaniken, bei denen man wieder aufs simpelste Run & Gun setzt. Waffen haben weder sekundäre Funktionen, noch gibt es hier ein außergewöhnliches oder zumindest kreatives Repertoire. Auch Nathan ist aufgrund fehlender Charakterentwicklung oder Fortschritt am Anfang genauso stark wie am Ende, was letztendlich dazu führt, dass man nie ernsthafte Konsequenzen für Fehlschläge befürchten muss. Man stirbt und macht einfach weiter, was man nach insgesamt fünf Ablegern schon längst hätte ändern können. Problematisch ist auch weiterhin, dass man in hektischen Situationen aufgrund ungünstiger Kameraeinstellungen zu schnell die Orientierung verliert oder Nathan nicht immer dahin springt, wo man eigentlich hin möchte. Aber hey, man hat ja nichts zu befürchten. Diese Aspekte würden der Serie sicherlich einen zusätzlichen Reiz verleihen und den Anspruch deutlich höher schrauben. Die etwas KI-schwachen Gegnern machen das „hindurchfliegen“ durch die Level dann nahezu perfekt!
Grafisch ein Gemälde, Open-World Anleihen passen nicht immer
Neben der spektakulären Inszenierung in Sachen Story zeigt Naughty Dog auch mit „Uncharted 4: A Thief´s End“, dass noch viel Leben in der PS4 steckt. Bombastische Kulissen, erschreckend realistische Charakterdarstellungen und Animationen, Detailverliebtheit wohin man schaut, selbst noch in der Ferne. Gut, zunächst erinnert das Spiel sehr an den Look von „The Last of Us“ und erreicht mit dem Wüstenlevel in Malaysia einen kleinen Tiefpunkt. Hier wirkt die Umgebung einfach zu plastisch und unecht und trübt damit das Gesamtbild, welches man verglichen mit dem Wüstenlevel in „Uncharted 3“ authentischer realisiert hat.
Spätestens aber nach dem Entdecken der Pirateninsel dürfte aber auch dem letzten Spieler die Kinnlade auf den Boden fallen. Man sieht Nathan vor lauter Dschungel nicht mehr, der eine solch dichte Atmosphäre erzeugt, dass man am liebsten den Koffer packen möchte um selbst dahin zu reisen. Mit Italien, Schottland oder unberührten Stränden in der Südsee wird obendrein wieder viel Abwechslung geboten – edle Anwesen, prunkvolle Herrenhäuser, einsame Inseln. Es ist der wahr gewordene Traum eines karibischen Piratenparadieses, das seit Jahrhunderten Stück für Stück von der Natur zurückerobert wird. Einfach nur wunderschön und eine grandiose Meisterleistung auf der PS4.
Vom linearen Leveldesign hat man sich in „Uncharted 4: A Thief´s End“ etwas differenziert und setzt auf größere und deutlich weitläufigere Areale. Unterschiedlichste Wege und Ansätze führen dabei zum Ziel. Dem forschen Abenteurer kommt dies durchaus entgegen, bremst das Gesamtkonstrukt ebenso wie die Story Slow-Downs aber auch wieder aus. Es ist sozusagen ein kleiner Mittelweg, den man hier wählt, von dem jeder selbst entscheiden muss ob es ihm zusagt oder nicht. Speziell bei den Fahrzeugpassagen verfährt man sich hier auch gerne mal oder muss ein Weilchen nach dem Weg suchen. Man wird am Ende aber auch erstaunt sein, wo ein Geländewagen so überall lang fahren kann.
Ruhige Stimmung macht das Bild perfekt
Zur cineastischen Inszenierung und Erzählung gehört auch wieder der stimmungsvolle Soundtrack und die Hintergrundmusik, die sich trotz ihres zurückhaltenden Einsatzes gegenüber den Vorgängern noch besser ins Gesamtbild einfügt. Verantwortlich hierfür zeigt sich diesmal Henry Jackman, dem die Piratenthematik gar nicht so fremd ist und der bereits für „Pirates of the Caribbean“ die Noten tanzen ließ. Noch immer sympathisch sind auch die bekannten Synchronsprecher von Drake, Elena oder Sully, die wie gewohnt einen tollen Job (auch in Deutsch) zum letzten Abenteuer dazu steuern.