Am vergangenen Wochenende konnte man erstmals einen persönlichen Blick auf Mortal Kombat 1 werfen, das die Netherrealm Studios im Rahmen der Preorder-Beta zugänglich gemacht haben. Für das Franchise soll es ein Neuanfang darstellen, der sich an den eigenen Wurzeln orientiert, aber ist das wirklich gelungen? Wir haben Mortal Kombat 1 ausgiebig angespielt, sind bislang aber alles andere als vollkommen überzeugt davon.
Um einen Neuanfang einordnen zu können, muss man bei Mortal Kombat bis in die 90er-Jahre zurückgehen. Selten hat ein Spiel für so viel Furore gesorgt und für Prozesse in der Industrie angestoßen, die sich heute zum Standard etabliert haben. Selten wurde zum Beispiel – wenn auch aus heutiger Sicht als Pixelbrei – so viel Brutalität auf einen Bildschirm gezaubert, was teilweise dazu führte, dass man das Spiel von Markt nehmen musste. Die Anfänge der Mortal Kombat-Serie waren aber auch von einer ganz anderen Atmosphäre geprägt – düster, geheimnisvoll und mit einer unheimlich faszinierenden Anziehungskraft. Da gab es plötzlich Gegner, halb Mensch, halb Monster, mysteriöse Easter-Eggs aus heutiger Sicht, die rege unter Spielern diskutiert wurden, während die wahren Geheimnisse im Spiel nicht schon vorher im Internet breitgetreten, sondern erst in Spiele-Zeitschriften zu finden waren, die man sich kaufen musste.
Mit den Mortal Kombat-Wurzeln kaum zu vergleichen
Dass Mortal Kombat 1 einen Neufang darstellen soll, ließ für einen kurzen Moment die Hoffnung aufkeimen, dass man genau dort hin zurück will, wo die Serie einst begann, natürlich aus technischer Sicht viel fortschrittlicher, mit modernsten Grafiken und Effekten, die der heutigen Zeit angemessen sind. Da hat man sich leider getäuscht, vielmehr ist dieser sogenannte Neuanfang mehr von dem, was es zuletzt schon war, das vereinzelt einige Ergänzungen bekommt und das wirklich Neue lediglich die alternative Zeit und Story-Linie ist.
Sicherlich zeigt die Preorder-Beta nur einen minimalen Ausschnitt dessen, was das vollständige Spiel nachher bieten wird, aber selbst hier hat sich bereits eine gewisse Ernüchterung eingestellt, die hoffentlich nicht das Endergebnis repräsentiert.
In der Preorder-Beta konnte man einen Klassic-Tower spielen oder gegen andere Spieler online. Der Name Klassic-Tower ist aus meiner Sicht allerdings schon völlig fehl am Platz, der lediglich sechs aufeinanderfolgende Fights gegen beliebige Gegner darstellt – und Ende. Der klassische Tower in den Anfängen der Serie bot hingegen Mini-Games wie ‘Test your Might’, anspruchsvolle Sub-Bosse wie Goro oder Kintaro, die von sich aus bereits eine große Faszination ausübten. Mit viel Geschick wurden sogar Bonus-Matches gegen Reptile oder Noob Saibot freigeschaltet. All das scheint es jetzt nicht mehr zu geben. Hier kann nur hoffen, dass andere Tower später mehr Kreativität bieten.
Droht hier ein Sparkurs?
So lieblos wie man das Grundgerüst in der Beta präsentiert, so enttäuschend sind vor allem auch die Intros der einzelnen Fighter. Diese bekommen im besten Fall noch einen Zweizeiler über die Lippen, während man auf aufwendige Animationen weitestgehend verzichtet. Es wirkt ein wenig wie: ‘Hey lass uns kämpfen … OK’. Das habe ich irgendwie anders in Erinnerung und wird dem an sich interessanten Cast überhaupt nicht gerecht, zumal man ja betont, dass Mortal Kombat 1 insbesondere für neue Spieler gemacht wurde, die nicht so vertraut mit der bisherigen Geschichte und den Charakteren sind. Gut möglich, dass im finalen Spiel alles anders sein wird, für den Moment sind die Befürchtungen aber ziemlich groß, dass man hier auf einen Sparkurs setzt.
Im Kern der Beta stand vor allem aber das Gameplay und dessen Neuerungen. Diese bleiben der etablierten Formel der Serie weitestgehend treu, sodass Moves, Spezialangriffe, Fatalities & Co. wie gehabt funktionieren. Als neu verkauft werden vor allem die Kameo-Fighter, die man sich zuvor aussucht und die einen mit einer eigenen Move-Liste unterstützen. Das gab es auch schon einmal, auch wenn nicht ganz so komplex. Die Kameos können daher als willkommene Neuerung betrachtet werden, welche die Kämpfe noch aufregender machen und einem zeitweise Fähigkeiten verleihen, die man sonst nur mit Shang Tsungs Morph-Skills einsetzen konnte. Der durch Feuerbälle geprägte Liu Kang kann so etwa die eisigen Moves von Frost nutzen, was gepaart mit dem eigenen Move-Set beeindruckende Mega-Hit-Combos ermöglicht, um so maximalen Schaden zu verursachen. Hierdurch bekommt man deutlich mehr Flexibilität und Freiheiten, wobei die freie Wahl aus Fighter und Kameo sicherlich zu interessanten Kombinationen führen dürfte, an denen man lange seinen Spaß hat.
Ansonsten setzt man auf zuletzt eingeführte Mechaniken wie Fatal Blow, die einen auf den letzten Metern retten können, umgekehrt aber auch unfair erscheinen, da diese gleich so viel Energie abziehen, dass es umgehend in einer Niederlage enden kann. Besser wäre es, wenn ein Fatal Blow unabhängig von seiner Stärke immer etwas Restenergie lässt, um zumindest eine letzte Chance zu haben, die man sich zuvor vielleicht mühevoll erarbeitet hat. So wird man vor vollendete Tatsachen gestellt, gegen die man absolut nichts tun kann. Abgesehen davon ist man es auch irgendwann müde, immer und immer wieder die gleiche Animation zu sehen, die einen Fight zudem unnötig lange unterbricht.
Brutal wie eh und je
An Brutalität büßt Mortal Kombat 1 dadurch natürlich nichts ein, das immer detaillierter und kreativer wird. Das muss man den Netherrealm Studios wirklich lassen, dass man nach inzwischen 20+ Spielen und hunderten Fighters noch so viel neue Ideen umsetzen kann. Persönlich würde ich mir einen Schritt näher am Fotorealismus wünschen, wie es zum Beispiel Dead Island 2 mit der neuen Gore-Engine vormacht. Am Ende dürfte hinsichtlich der Kreativität aber wieder das brutalste Spiel der Serie stehen, das man in den Anfängen der Serie wohl komplett von diesem Planeten verbannt hätte.
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Gleichzeitig fallen aber auch einige grafische Mängel auf, die oftmals in Unschärfe resultieren. Während der Overall-Look sicherlich noch zeitgemäß ist, führt die Wahl der Unreal Engine 4 als Antriebsmotor zu dem Gefühl, dass hier etwas Stillstand in der Serie herrscht. Ob ein Upgrade auf die Unreal Engine 5 folgt, ist ungewiss. Generell wirkt Mortal Kombat 1 ziemlich bunt und mit fragwürdigen Settings als Wahl. Eine Luxusvilla mit Pool, in der ein Flamingo-Accessoire schwimmt? Hoffentlich hat die Story eine gute Erklärung dafür!
Ersteindruck Mortal Kombat 1
Der Ersteindruck von Mortal Kombat 1 ist am Ende ziemlich gemischt. Persönlich gesehen ist es nicht der Neuanfang, den man sich vorgestellt hat und noch weniger das Spiel, das ich mit den Wurzeln des Franchise vergleichen würde. Es gibt einige gute Ideen und Neuerungen, ob man hier aber tatsächlich den großen Wurf schafft, den dieser Soft-Reboot suggeriert, muss die finale Version im September zeigen. Man hat ja definitiv bisher nicht alles gesehen oder gezeigt, wie kürzliche Leaks andeuten.