Wer sich in der Gaming-Welt umschaut, könnte leicht glauben, dass der Preisanstieg bei der Videospielentwicklung vor allem durch beeindruckende Grafik getrieben wird. Doch das ist nur ein Teil der Geschichte. Der wahre Grund, warum Budgets heute die 100-Millionen-Dollar-Marke knacken, liegt tiefer – und ist manchmal schlicht menschlich.
Verschwendung oder unvermeidbare Ineffizienz?
In einem aufschlussreichen Artikel des Bloomberg-Journalist Jason Schreier werden einige Gründe genannt, die teils schon kurios anmuten. Ein Entwickler erzählt dort, dass er die Hälfte seiner Arbeitstage mit Netflix verbringt, weil seine Tools noch nicht fertig sind. Ein anderer berichtet, dass das gesamte Team anhalten musste, weil der Creative Director plötzlich eine „geniale Idee“ hatte – inspiriert von einem Zelda-Marathon am Wochenende. Solche Geschichten sind keine Ausnahmen, sondern Alltag in der Industrie. Projekte stehen still, weil Entscheidungen fehlen oder Designs nicht fertig sind. Die Entwickler? Weiterhin bezahlt, ob sie arbeiten können oder nicht.
Diese Verzögerungen mögen absurd klingen, sind aber symptomatisch für die Komplexität moderner Spieleentwicklung. Es ist nicht nur teuer, immer realistischere Grafiken zu erstellen, sondern auch schwierig, große Teams zu koordinieren. Fehlkommunikation, Überarbeitungen und Änderungen in letzter Minute gehören zum Alltag.
Die wahren Kosten
Ein Spiel zu entwickeln ist nicht billig – vor allem, wenn man berücksichtigt, was Mitarbeiter heute kosten. Gehalt, Sozialleistungen und Gemeinkosten summieren sich laut Schreier leicht auf 15.000 bis 20.000 US-Dollar pro Person und Monat. Rechnen wir: Ein Studio mit 300 Mitarbeitern gibt pro Jahr etwa 72 Millionen Dollar allein für Gehälter aus. Das ist, bevor auch nur ein einziges Pixel gerendert wurde. Hinzu kommt, dass Spiele heute viel länger in der Entwicklung bleiben. Mehr Zeit, mehr Gehälter, größere Budgets.
Hinzu kommt, dass Videospiele Iteration erfordern – und oft bedeutet das, dass Dinge gestrichen werden. Manche Features verschwinden, weil sie nicht funktionieren. Andere, weil sie dem CEO nicht gefallen. Ganze Teams arbeiten manchmal wochenlang an Levels, die nie das Licht der Welt erblicken. Das ist frustrierend, aber auch notwendig, um ein gutes Spiel zu schaffen.
Doch diese Iterationen bedeuten auch, dass Ressourcen oft ineffizient genutzt werden. Lange Phasen der Konzeptentwicklung, in denen große Teams nur darauf warten, dass die „große Idee“ auftaucht, treiben die Kosten weiter in die Höhe.
Und was ist mit der Grafik?
Natürlich spielen visuelle Effekte eine Rolle. Die Jagd nach realistischeren Texturen und komplexeren Animationen hat die Budgets der letzten Jahrzehnte explodieren lassen. Doch Grafik allein erklärt nicht, warum Spiele wie Call of Duty: Modern Warfare (2019) 640 Millionen Dollar kosten können. Es ist die schiere Anzahl der beteiligten Menschen, die Koordination und die Zeit, die es braucht, all diese Elemente zusammenzufügen.
Die Videospielindustrie ist teuer geworden – nicht nur wegen der Grafik, sondern auch wegen ihrer eigenen ineffizienten Strukturen, stellt Schreier in der Summe fest.