Es hätte ein Blockbuster werden können. Ein düsteres, philosophisch aufgeladenes Sci-Fi-Abenteuer im Blade Runner-Universum – maßgeschneidert für die nächste Konsolengeneration. Doch nun bleibt von „Blade Runner: Time To Live“ nur noch ein codierter Name in geleakten Dokumenten und die leise Resignation in Entwicklerbüros. Supermassive Games, bekannt für ihre interaktiven Horrordramen, arbeitete offenbar an einem ambitionierten Action-Adventure, das den Sprung auf PS6 und Xbox Next schaffen sollte. Doch das Projekt wurde sang- und klanglos gestrichen.
Die Vision: Mehr als ein Spiel
Was „Blade Runner: Time To Live“ aus der Masse hätte hervorheben können, war nicht nur die Lizenz – die ist bei Blade Runner ohnehin Gold wert – sondern der erzählerische Anspruch. Das Spiel sollte keine bloße Verfolgungsjagd durch Neonlichter sein, sondern ein interaktives Charakterdrama, eingebettet in eine Welt voller moralischer Grauzonen. Man hätte So-Lange gespielt, einen überlebenden Nexus-6-Replikanten im Jahr 2065. Ein Überbleibsel aus einer anderen Ära, das sich selbst überlebt hat – und damit Fragen stellt, die auch das Franchise seit jeher umtreiben: Was macht uns menschlich? Was bleibt, wenn der Timer abläuft?
Die Mischung aus Ermittlung, Kampf, Stealth und Exploration klang wie ein cineastischer Traum für Next-Gen-Konsolen – kombiniert mit Dialogen, die laut Entwicklerteam „authentisch, prägnant und ergreifend“ sein sollten. Dazu ein Budget von 45 Millionen Dollar und ein Releasefenster für 2027: Die Richtung war klar – Supermassive wollte den nächsten großen Wurf landen.
Der Stopp: Ein Rückschritt ins Dunkel
Doch obwohl die Vorproduktion seit 2024 lief und bereits zentrale Story-Elemente feststanden, wurde das Projekt offenbar Ende 2024 auf Eis gelegt – oder besser: endgültig stillgelegt. Grund dafür ist laut Insider Gaming der Rechteinhaber Alcon Entertainment, der angeblich sein Veto eingelegt hat. Offiziell will niemand etwas sagen – und inoffiziell bleibt alles nebulös. Zu riskant? Zu teuer? Zu ambitioniert? Oder schlicht zu nah an etwas, das sich nicht verkaufen lässt?
Der traurige Nebeneffekt: Ein Spiel mit Potenzial, die Messlatte für erzählerische Tiefe im Action-Genre neu zu setzen, verschwindet, bevor es das Licht der Welt überhaupt erblicken durfte. Und mit ihm wohl auch eine neue Sicht auf das Blade Runner-Universum.
Warum das wehtut
Nicht jedes Spiel muss erscheinen – aber manche hätten es verdient. „Blade Runner: Time To Live“ versprach mehr als Gameplay-Mechaniken. Es wollte Fragen stellen, ohne einfache Antworten zu geben. Vielleicht war genau das zu viel verlangt für eine Branche, die sich oft lieber auf Bewährtes stützt als auf Visionäres. Doch gerade solche Projekte braucht es, um die nächste Generation zu definieren – nicht nur technisch, sondern auch künstlerisch.
Vielleicht taucht das Konzept irgendwann wieder auf. Vielleicht unter anderem Namen, in anderer Form. Bis dahin bleibt nur ein Satz in einem Entwicklungsdokument: „You were betrayed and left for dead in a brutally hostile environment.“ Ironischerweise könnte das auch die Autobiografie des Spiels sein.