TEST: Assassin’s Creed Shadows – Ein episches Samurai-Ninja-Epos

Assassin’s Creed Shadows begeistert als Samurai-Ninja-Epos mit beeindruckender Spielwelt, packender Story und einzigartiger Protagonisten-Dynamik – ein visuelles Meisterwerk mit frischem Gameplay-Twist.

Mark Tomson
[@] PlayFront since 2022 | based in London | Pixels, hardware & the occasional controversy
15 Min. Lesen

Die Assassinen kehren zurück – diesmal in die düstere und gefährliche Sengoku-Zeit. „Assassin’s Creed: Shadows“ verspricht, das Franchise auf ein neues Level zu heben. Wir sind in die Schatten eingetaucht, um herauszufinden, ob der neueste Ableger hält, was er verspricht. Ist dies der tiefgründige Assassin’s Creed-Titel, den Fans erwartet haben, oder ein Schritt zu weit ins Dunkel? Das verraten wir euch in unserem Vorab-Review.

Zwei Krieger, zwei Schicksale

„Assassin’s Creed Shadows“ stellt uns zwei Protagonisten vor: Yasuke und Naoe – ein ungleiches Duo, das sich inmitten von Verrat, Krieg und politischen Machenschaften behaupten muss. Damit kehrt das Franchise zu einem Konzept zurück, das bereits in „Assassin’s Creed Syndicate“ großen Anklang unter den Spielern fand.

Yasuke ist ein imposanter Krieger mit einer faszinierenden Vergangenheit. Ursprünglich ein afrikanischer Sklave, kämpft er als Samurai an der Seite von Oda Nobunaga – einem mächtigen Daimyō und brutalen Feldherren. Doch er trägt mehr als nur eine Rüstung – sein geheimer Auftrag könnte das Schicksal ganzer Nationen verändern. Gezeichnet von innerer Zerrissenheit und angetrieben von Gerechtigkeit, stellt er sich die alles entscheidende Frage: Wie viel Menschlichkeit kann er für seine Mission opfern?

Naoe, die brillante Strategin, agiert aus dem Schatten heraus. Sie ist eine Meisterin der Taktik, doch ihre Vergangenheit zieht sie immer wieder in ein Netz aus Intrigen und Verrat. Trotz ihrer scharfen Intelligenz trägt sie tiefe emotionale Narben – und vertraut nur wenigen. Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Mord an ihrem Vater, den sie rächen will – eine Jagd, die sie und Yasuke schließlich zusammenführt. Doch als sie die Drahtzieher entlarven, offenbart sich eine größere politische Agenda, die beide in einen Gewissenskonflikt bringt.

„Assassin’s Creed: Shadows“ liefert eine packende Geschichte voller Intrigen, Ehre und moralischer Konflikte. Die faszinierenden Charaktere treiben eine Erzählung voran, die nicht nur mit beeindruckender Action, sondern auch mit emotionaler Tiefe überzeugt. Wer epische Samurai-Dramen mit historischem Hintergrund mag und darüber hinwegsehen kann, dass es sich um ein Unterhaltungsprodukt und nicht um ein Geschichtsbuch handelt, ist hier bestens aufgehoben. 

Eine geteilte Geschichte, zwei Spielstile

Von Anfang an macht das Spiel die Unterschiede zwischen den beiden deutlich: Er, der Mann fürs Grobe, sie, die stille Klinge. Dieses duale Heldenprinzip prägt auch das Gameplay. Yasuke setzt auf rohe Kraft und direkte Konfrontation, während Naoe mit List und Tücke agiert. Zwei Charaktere, zwei völlig unterschiedliche Spielweisen – und doch ein gemeinsames Ziel.

Yasuke stürmt mit seinem massiven Katana durch Gegnerhorden, metzelt Ronins nieder und lässt nichts als Verwüstung zurück. In brutalen, schnellen Kämpfen schlägt er Gegner nieder und vermittelt dabei ein durchdringendes Gefühl der Überlegenheit. Seine Nahkampffähigkeiten sind nahezu unübertroffen, manchmal behäbig, und selbst sein Konter- und Stealth-Gameplay hat eine eigene Note: Mit schierer Kraft und Geschwindigkeit kann er Wachen überwältigen, bevor sie überhaupt reagieren können.

Im krassen Gegensatz dazu steht Naoe, die das Konzept der Assassinenkunst neu definiert. Statt brachialer Gewalt setzt sie auf Strategie, Stealth und täuschende Manöver, die auf klassischen Shinobi-Moves basieren. Ihre Spezialität: Sich nahezu unsichtbar durch feindliche Gebiete bewegen, Wachen überlisten und lautlose Angriffe ausführen, ohne Alarm auszulösen. Ihre Waffen – darunter ein Set scharfer Kurzwaffen, Katanas oder eine Kusarigama – erlauben gezielte, präzise Treffer. Doch ihre wahre Stärke liegt in der Manipulation der Umgebung: Fallen stellen, Gegner ablenken und ganze Patrouillen durch geschicktes Täuschen umgehen.

Das Gameplay mit Naoe erfordert Geduld und Bedacht. Ihre Fähigkeit, Informationen zu sammeln und Feinde psychologisch auszutricksen, macht sie zu einer lautlosen Bedrohung. Ihre Spezialmanöver reichen von Paralyse-Angriffen bis hin zu lautlosen Eliminierungen. Wer sich auf Stealth und vorausschauendes Planen einlässt, findet in Naoe eine der spannendsten Figuren des Spiels.

Ein besonderer Höhepunkt sind die Special Moves: Der Bildschirm taucht in monochrome Farbtöne, nur das Blut leuchtet intensiv, während ihr mit einem gewaltigen Gegenschlag mehrere Feinde gleichzeitig niederstreckt. Diese Angriffe lassen euch regelrecht durch die feindlichen Reihen pflügen und mit weiteren Attacken kombinieren – ein herrliches Gefühl der Überlegenheit, das leichte Mortal Kombat-Vibes versprüht.

Etwas überraschend ist, wie akribisch das Spiel verschiedene Kampftechniken und den Umgang mit Waffen vermittelt, obwohl am Ende oft die bloße Stärke eines Charakters über Sieg oder Niederlage entscheidet. Dennoch bietet Assassin’s Creed Shadows zahlreiche Möglichkeiten, sich intensiv mit den Waffen auseinanderzusetzen – ein essenzieller Aspekt der japanischen Kampfkunst. Diese taktische Tiefe entfaltet sich besonders auf höheren Schwierigkeitsgraden, wo die Wahl der Waffe tatsächlich den entscheidenden Unterschied machen kann. Sicherlich wäre es schön, wenn dies mehr forciert worden wäre, so liegt es an einem selbst, sich damit auseinanderzusetzen.

Unterschiedliche Spielstile, gleiche Intensität

Die Unterschiede zwischen Yasuke und Naoe gehen weit über das Gameplay hinaus – sie beeinflussen die gesamte Spielerfahrung. Doch beide Stile sind meisterhaft umgesetzt, und das Kampfsystem ist in meinen Augen eines der besten der Reihe. Die Nahkämpfe sind intensiver und mächtiger denn je, und selbst Stealth-Mechaniken können zu gnadenlosen Exekutionen führen. Die Gewaltspitzen reichen bis hin zu Enthauptungen – ein echtes Fest für Fans von kompromissloser Action und ein befriedigendes Gefühl, das hier am Ende steht.

Der Wechsel zwischen Yasuke und Naoe sorgt wieder für einen erfrischenden Ansatz. In vielen Missionen kann man frei wählen, wer besser zur jeweiligen Situation passt. Allerdings gibt es auch Passagen, die zwingend einen bestimmten Charakter erfordern – manchmal sogar erst beim finalen Bosskampf. Das kann frustrierend sein, wenn man dann feststellt, dass man die falsche Wahl getroffen hat und eine Quest komplett neu beginnen muss. Das spiegelt sich auch im Schwierigkeitsgrad wider, denn obwohl ich eher storyorientiert gespielt habe, steigt der Schwierigkeitsgrad von Ziel zu Ziel rasant an und man muss sich sehr viel mit Nebenmissionen und Quests beschäftigen, um überhaupt eine Chance zu haben.

Ist das noch Assassin’s Creed?

Und dann stellt sich die große Frage: Ist das überhaupt noch ein Assassin’s Creed? Klar, ikonische Elemente wie die versteckte Klinge, der Todessprung und zahllose Referenzen sind dabei. Die Struktur erinnert eher an ein Open-World-RPG à la “Ghost of Tsushima” als an ein echtes Meuchelmörder-Abenteuer. Am auffälligsten ist, dass die ursprüngliche Assassinengeschichte mit den Templern fast nicht mehr vorkommt und auch keine Sequenzen in der Gegenwart zu finden sind, obwohl das zu diesem Zeitpunkt längst etabliert war. Andererseits könnte man dies auch als einen Aspekt ansehen, mit dem das Spiel für sich steht.

Eine lineare Hauptstory gibt es zwar ebenfalls – entlang dieser entfalten sich aber immer neue Handlungsstränge. Man eliminiert korrupte Daikan in Omi, hilft an anderer Stelle beim Aufbau eines Teehandels und investiert in die eigene Stärke, um gegen immer mächtigere Feinde antreten zu können. Es ist ein kompletter Gegenentwurf zum eher kompakten „Assassin’s Creed Mirage“. Wer sich darauf einlässt, bekommt eine riesige, detailverliebte Welt voller Geschichten – wer jedoch ein klassisches „Assassin’s Creed“ erwartet, könnte etwas verwundert sein. 

Ein Open-World-Meisterwerk mit historischem Tiefgang

„Assassin’s Creed Shadows“ setzt darüber hinaus neue Maßstäbe in der Open-World-Gestaltung und hebt das Genre auf ein beeindruckendes Niveau. Ubisoft entfesselt eine visuelle Pracht, die nicht nur technische Grenzen ausreizt, sondern auch das feudale Japan mit atemberaubender Detailtreue zum Leben erweckt. Hier ist die Welt keine bloße Kulisse – sie atmet, erzählt und fühlt sich authentisch an. Vor allem die akribisch rekonstruierte Naturkulisse beeindruckt nicht nur optisch, sondern vermittelt das Gefühl, wirklich durch die Sengoku-Zeit zu wandeln. Neun weitläufige Provinzen zeigen Japans ganze Vielfalt: schroffe Vulkanlandschaften, dichte Wälder, friedliche Reisfelder – jede Region hat ihren eigenen Charakter und erzählt ihre eigene Geschichte.

Besonders beeindruckend ist das dynamische Jahreszeiten-System, das die Spielwelt ständig verändert. Im Frühling verzaubern Kirschblüten die Landschaft mit einem Hauch von Poesie, während im Sommer die Felder in sattem Grün leuchten. Der Herbst taucht die Welt in ein spektakuläres Farbenspiel aus Rot- und Goldtönen, bevor der Winter mit seinen verschneiten Ebenen eine fast meditative Stille bringt. Doch diese Veränderungen scheinen lediglich kosmetisch – sie beeinflussen nicht das Gameplay oder stellen den Spieler vor die Herausforderung, seine Taktiken entsprechend anzupassen.

Architektonisch hat Ubisoft ebenfalls keine Mühe gescheut: Schreine, Tempel und Dörfer wurden mit akribischer Präzision und in Zusammenarbeit mit Historikern rekonstruiert. Jedes Gebäude spiegelt die baulichen Traditionen des 16. Jahrhunderts wider, wodurch die Spielwelt nicht nur beeindruckt, sondern auch eine greifbare Tiefe erhält. Dazu gehören die zahllosen Mini-Schreine an Wegrändern, die immer wieder zum Innehalten und Gebet einladen – ein Moment der Besinnung und Erneuerung. All das spiegelt eindrucksvoll die japanische Tradition wider, die über Jahrhunderte hinweg bewahrt wurde.

Doch nicht alles ist perfekt: Wer auf das parkourlastige Stadt-Design von zum Beispiel „Assassin’s Creed Mirage“ gehofft hat, dürfte hier eine Ernüchterung erleben. Dichte Metropolen gibt es kaum, stattdessen dominieren weite Landschaften, durchzogen von kleineren Dörfern. Zwar bieten Schauplätze wie Azuchi Castle vertikale Erkundungsmöglichkeiten, doch oft bleibt der Eindruck, dass Ubisoft mehr Wert auf malerische Postkarten-Motive legt als auf eine wirklich abwechslungsreiche Fortbewegung, für die die Serie steht. Und ja, die klassischen Probleme beim Klettern bestehen noch immer leicht und führen in hektischen Momenten zu ungewollten Aktionen.

Und trotz der zahlreichen Entdeckungen können die zurückgelegten Distanzen mitunter zeitraubend wirken – selbst zu Pferd. Hinzu kommt die mühselige Suche nach Personen, deren Standorte auf der riesigen Karte nur vage beschrieben sind. Scouts können zwar unterstützen, doch ihre Hilfe ist begrenzt. Die Suche gleicht der berühmten Stecknadel im Heuhaufen.

Verborgene Orte und die Freiheit der Erkundung

Die Erkundung der Welt spielt aber eine ebenso zentrale Rolle wie die Hauptgeschichte. Abgelegene Tempel, geheime Höhlen und versteckte Dörfer laden dazu ein, entdeckt zu werden. Eines meiner Highlights war der Bambus-Geisterwald, der eine wirklich unheimliche Atmosphäre erzeugt. Diese sogenannten Hideouts bieten nicht nur Herausforderungen und Sammelobjekte, sondern auch die Möglichkeit, tiefer in die Kultur Japans einzutauchen. Die individuelle Gestaltung des eigenen Unterschlupfs sorgt für eine persönliche Note und gibt dem Spiel eine zusätzliche Ebene an Tiefe. Es ist ein Ort der Vorbereitung, Reflexion und Ruhe – und damit ein zentrales Element, das „Assassin’s Creed Shadows“ besonders macht.

Hervorzuheben ist auch die Detailverliebtheit: Von traditioneller japanischer Handwerkskunst bis hin zu realistischen Materialien wie Keramikfliesen oder Holzschutzmethoden – die Architektur fühlt sich greifbar an. Die natürliche Umgebung steht dem in nichts nach: Texturen von Bäumen, Felsen und Gewässern wurden mit akribischer Sorgfalt gestaltet und verleihen der Welt eine beeindruckende Tiefe. Das Ergebnis? Eines der schönsten Spiele dieser Generation, das selbst mit grafischen Schwergewichten wie „Black Myth: Wukong“ mithalten kann – dies bei exzellenter Performance auf der PS5 Pro. 

Ein Soundtrack, der die Schatten zum Leben erweckt

Die Musik in “Assassin’s Creed Shadows” bildet schließlich das letzte Puzzlestück und ist weit mehr als nur eine atmosphärische Untermalung – sie trägt das Spiel auf eine neue emotionale Ebene. Mit epischen, aber zugleich subtilen Melodien fügt sich der Soundtrack nahtlos in die düstere Welt ein und verstärkt jede Stimmung. Jeder Schritt in den Schatten wird von einer klanglichen Tiefe begleitet, die Spannung und Ruhe perfekt ausbalanciert.

Besonders beeindruckend ist die musikalische Vielfalt: Von mitreißenden Orchesterscores, die die Action intensivieren, bis hin zu sanften, minimalistischen Klängen, die zum Verweilen einladen. Auch rockige Töne setzen in filmischen Sequenzen kraftvolle Akzente. Traditionelle Instrumente verleihen der Musik einen authentischen, historischen Charakter, während moderne Sounds die futuristischen Aspekte des Spiels betonen. Der Soundtrack schafft nicht nur eine tiefere Verbindung zur Story, sondern macht die Emotionen der Charaktere greifbar. In “Assassin’s Creed Shadows” ist die Musik kein bloßes Beiwerk, sondern ein essenzieller Bestandteil des Erlebnisses – so intensiv, dass die Grenzen zwischen Spielwelt und Realität verschwimmen. Und das in bestem 3D-Sound.

Co-Writer: Niklas

Fazit

assassins creed shadows review
TEST: Assassin’s Creed Shadows – Ein episches Samurai-Ninja-Epos
„Assassin’s Creed Shadows ist ein beeindruckendes Open-World-Epos, das die Sengoku-Zeit mit atemberaubender Detailtreue zum Leben erweckt. Die duale Protagonisten-Dynamik bringt wieder frischen Wind ins Gameplay: Während Yasuke mit roher Gewalt dominiert, definiert Naoe Stealth auf eine neue Ebene. Die weitläufige Spielwelt, das dynamische Jahreszeiten-System und die glaubwürdige Inszenierung setzen neue Maßstäbe – allerdings ein wenig auf Kosten der klassischen Assassin’s Creed-Formel. Wer ein traditionelles Meuchelmörder-Abenteuer sucht, könnte daher verwundert sein. Es ist sicherlich nicht perfekt, aber die Liebe zum Detail und die Hingabe bei der Entwicklung sind an jeder Ecke spürbar. Und das sollte entsprechend gewürdigt werden. Als eigenständiges Samurai-Ninja-Epos ist Assassin's Creed Shadows ein wahres Meisterwerk geworden, das mit seiner stimmungsvollen Atmosphäre und einer tiefgründigen Story begeistert, in der sich Fans dieses Genre absolut verlieren werden. Wer sich darauf einlässt, bekommt eines der mit Abstand besten Ubisoft-Spiele der letzten Jahre”.
Plus
Atemberaubende Open-World mit dynamischen Jahreszeiten
Spannende Storys und Quests in der gesamten Spielwelt
Unterschiedliche Spielstile sorgen für Abwechslung
Intensives Kampfsystem mit brutaler Action
Authentische Atmosphäre, von Grafik bis Soundtrack
Minus
Weniger Fokus auf klassisches Assassin’s Creed-Erfahrung
Personensuche oft zeitraubend
Urbane Vertikalität der Serie fehlt ein wenig
9.7
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