Wie sieht ein Gott aus? Diese Frage haben sich viele gestellt, doch keiner hat es bisher beantworten können. Klar, der alte, bärtige Mann im weißen Gewand ist die typische Verkörperung dessen, was wir unter der Bezeichnung „Gott“ verstehen. In „God Eater 2: Rage Burst“ sind Götter keine gutmütigen Kreaturen, sondern Monster, die für das Aussterben der Menschenrasse verantwortlich sind. Die, die noch leben nennen sich „God Eater“ – Soldaten, die für das Bekämpfen dieser „gottähnlichen“ Kreaturen geschaffen und ausgebildet sind.
Dank „Bandai Namco“ erscheint der zweite Teil unter der Bezeichnung „Rage Burst“ bei uns im Westen, was mit dem ersten Release leider nicht passiert ist. Der Name „God Eater“ steht in Japan für eine starke Spieleserie, die sogar „Monster Hunter“ die Stirn bieten kann und sich vom Genre her in gleichen Gewässern befindet. Noch besser ist allerdings, dass „Rage Burst“ auch für die PS4 veröffentlicht wird, sodass auch die Spieler ohne Handheld in Genuss des ursprünglichen PSP-Titels kommen können. Der PS4-Release bietet uns nun einen Anlass sich intensiver mit dem Titel zu beschäftigen, um ein umfassendes Feedback für euch mit diesem Test wiederzugeben.
Ein Ende kann auch ein Anfang sein
Wenn die Welt in Schutt und Asche liegt, erheben sich die letzten ihrer Art, um der Bedrohung, den sogenannten „Aragami“ die Stirn zu bieten. Nur die auserwählten Soldaten können die riesige Waffe „God Arc“ ihr Eigen nennen, sodass auch nicht jeder an vorderster Front kämpfen kann. Wir steigen nämlich nicht ganz unten, sondern ganz oben in der Befehlskette ein und treten der Elite-Einheit „Blood“ bei, die neben den „God Arcs“ auch die „Blutmacht“ entfachen kann. Jedoch findet die Handlung auf einer ganz anderen Ebene statt, denn es sind eher die zwischenmenschlichen Beziehungen der Gruppenmitglieder, die im Vordergrund stehen. Was außen herum um die Organisation passiert, bekommen wir vorerst nicht mit. Erst gegen Ende der Story werden viele ungeklärte Fragen gelöst, die während der gesamten Geschehnisse auftreten, genauso wie die Tatsache, dass einige Charaktere aus dem ersten Teil im Handlungsverlauf eine wichtige Rolle spielen werden. „God Eater 2: Rage Burst“ erfüllt in der Erzählung die klassischen Anime-Klischees – der Hauptprotagonist hat eine besondere Gabe und unterscheidet sich gewissermaßen von seinen Mitstreitern, auch wenn er auf die Story keinen Einfluss hat, zumal der eigene Charakter gar nicht redet. Doch hier und da merkt man einfach die Anime-Parallelen, was nicht besonders überraschend ist, da solche Storylines sich in Japan wie am laufenden Band verkaufen. Die Genre- sowie Serienfans werden sich dabei wohl fühlen, während die Story-interessierenden Spieler keine Innovationen im Handlungsverlauf erwarten dürfen.
Großschwerter für Großmeister
Vom Spielablauf her bleibt sich „God Eater 2: Rage Burst“ in jedem Punkt treu – die Missionen werden am Counter angenommen, die Ausrüstung wird am Counter gekauft und die Cutscenes in den oberen Decks ausgelöst, während man mit den NPCs redet. Soweit werden sich die Serienkenner sofort zurechtfinden können. Auch die zusätzlichen Waffentypen haben lange auf sich warten lassen, denn ein gigantischer Hammer oder die Eisensense haben einfach im Gesamtrepertoire seit dem ersten Teil gefehlt. Doch bevor es ans Eingemachte geht, finden wir uns im Kampftutorial wieder, der nicht nur deutlich, sondern auch schnell vorangeht. Wir lernen die Basics einer typischen Kampfsituation und lassen uns die Hintergrundgeschichte noch einmal vor die Augen führen, bis wir uns endlich in der ersten Mission mit der Schwierigkeitsstufe 1 befinden. In der Tat gibt es mehrere Schwierigkeiten, die mit Nummern bezeichnet werden, jedoch lassen sich die aufwendigeren Varianten erst mit der Zeit oder gar mit Spielabschluss freischalten.
Der sich immer wiederholende Ablauf bleibt bis hin zum Spielende konstant – wir nehmen eine Mission an, führen sie durch, gucken eine Zwischensequenz an und verwalten die neu erbeuteten Items am Terminal. Was nicht konstant bleibt, sind die individuell gestalteten Bosse, die neben der Angst auch eine gewisse Ästhetik verspüren lassen, doch dazu später mehr. Mit größeren Bossen kommt mehr Strategie in den Kämpfen zum Vorschein, da wir uns auf spezifische Körperteile unseres Gegners konzentrieren können, um individuelle Items zu erbeuten. Unser „God Arc“ hat unter anderem die Fähigkeit die Monster zu fressen, um elementare Patronen zu erhalten, die wiederum mehr Schaden verursachen und den Kampf mit Leichtigkeit beenden können.
Apocalypse Now
Trotz der verfallenen Welt, kaputten Hochhäusern und Nahrungsknappheit schafft es die Menschheit trotz der Apokalypse und dank der Industrialisierung ein Luxusleben zu führen. Dementsprechend sehen auch die Räumlichkeiten aus, in denen sich unsere Kadetten befinden und ihren Alltag beschreiten. Doch kaum hat man die Komfortzone verlassen, wird man auf dem Kampffeld mit der Realität konfrontiert und das schafft „God Eater 2: Burst Rage“ auf jeden Fall mit ihrer stimmigen Kulisse, auch wenn ich mir hier und da mehr Details erhofft habe, zumal einige Plattformen wie graue Würfel ausschauen, während andere Texturen detailreich erscheinen. In diesen Punkten merkt man einfach, dass der Titel ursprünglich für die Handheld-Plattformen gedacht war.
Die Zwischensequenzen sind hier und da stimmig animiert und wissen jeden Animefan zu beeindrucken, während die normalen Cutscenes mehr an Mimik und Charaktergefühl vertragen könnten. Dass die Grafik hochskaliert ist, erkennt man deutlich an den kantigen Umrissen der Charaktere und den teils schwammigen Texturen, wobei auch hier die FPS stets konstant bleibt und das Spielen an sich dadurch schon mehr Spaß bereitet. Richtig cool ist das Waffendesign, was durch durch seine Einzigartigkeit beeindruckt. In keinem anderen Spiel hat man die Waffen so sehr in den Mittelpunkt gerückt, wie in „God Eater“, da nicht nur die Grüße, sondern das Aussehen der riesigen Schwerter bzw. Sensen eine enorme Energie ausstrahlen. Leider hatte ich das Gefühl, dass bei den Kombos der flüssige Übergang zwischen den einzelnen Bewegungen fehlt, wodurch sich nicht nur die Optik, sondern auch die Steuerung etwas kantig anfühlt.
Die Lokalisierung hingegen begrenzt sich nur auf der optischen Ebene – deutsche Synchronisationen sucht man bei „God Eater 2: Rage Burst“ vergebens und das ist normalerweise auch gut so. Die englischen Sprecher haben ganze Arbeit geleistet und müssen sich nicht hinter den japanischen Stimmen verstecken, wobei diese Alternative gegeben ist. Die musikalische Untermalung gelingt dieses Mal ebenso gut, wie dies beim ersten Teil gewesen ist. Teilweise habe ich dieselben Soundtracks heraushören können, was nicht unbedingt schlecht ist – wer sagt, dass man dieselben Tracks nicht noch einmal nehmen kann?