An der Souls-Formel bedienen sich inzwischen viele Spielestudios, so auch GoldKnights für The Last Oricru. Blind kopieren möchte man aber eigentlich nicht, weshalb das Action-RPG versucht, weitere Elemente einfließen zu lassen. Eine komplexe Story, große Entscheidungsvielfalt und auch umfangreiches Koop-Gameplay möchte dieses Soulslike unter einen Hut bekommen. Klingt überambitioniert? Ist es auch!
Was aber nicht Teil der Formel war, ist der ungewollte Witz im Spiel – und dieser nimmt recht schnell überhand. Denn das Fantasy-Abenteuer nimmt sich offenbar nicht sehr ernst, kreiert bizarre Momente und liefert Dialogzeilen, die oftmals ungewollt komisch sind. Doch genau das hat das Spiel für mich gerettet.
The Last Oricru ist eine Lachnummer – und das ist super
Spiele wie Dark Souls, Bloodborne oder Elden Ring quälen euch und bringen euch zum Weinen? In The Last Oricru weint ihr auch Tränen – aber vor Lachen. Das fängt schon bei der Spielfigur Silver an, die mit einem gehobenen britischen Akzent in den unpassendsten Situationen den Komiker raushängen lässt.
Ich musste aber meist nicht mit dem Spiel, sondern über das Spiel lachen. Nicht, weil es für einen PS5-Titel wie ein PS3-Spiel aussieht. Auch nicht, weil es aus irgendeinem Grund die Option gibt, im Menü zwischen Sidecut und Glatze zu entscheiden. Nein, sondern: Silvers Antworten brechen ständig die Immersion; er reagiert selten wie eine Person, die sich gerade mitten in einem Völkerkrieg befindet. Stattdessen spricht er verblüffend oft genau das aus, was ich in diesem Moment denke.
Die Dialoge sind leider oftmals schlecht geschrieben, zu gekünstelt oder zu trocken gesprochen – und ziehen somit die eigentlich ernste Handlung permanent ins Lächerliche. Und dann hilft es auch nicht, wenn die Dialoge zudem lang und schnarchig sind und der Gesprächsverlauf nicht einmal beeinflusst werden kann.
An dieser Stelle kann man den Kopf schütteln und das Soulslike für sein schlechtes Writing und seine miese Präsentation verspotten. Ich hingegen hatte aber tatsächlich so etwas wie Spaß, denn es erinnert mich etwas an Tommy Wiseaus The Room. Der Film ist so schlecht gedreht, geschauspielert und erzählt, dass er zu einem Kultfilm geworden ist. Und The Last Oricru schlägt in die gleiche Kerbe.
Zwischen Fantasy und Future
In The Last Oricru wird die Welt von der ungewollten Komik überschattet, dabei ist sie eigentlich das Highlight des Spiels. Hier treffen zwei Elemente aufeinander: Auf der einen Seite bereist ihr mittelalterliche Schlösser, erforscht verwinkelte Minen und stürmt eine Festung auf einem Vulkan. Auf der anderen Seite spricht eine KI zu euch, futuristische Terminals dienen als Speicherpunkte und ihr könnt statt Ritterrüstung einen Space-Anzug tragen. Diese Kollision wirkt zunächst disharmonisch, aber sie findet ihren logischen Platz in der Story. Tatsächlich hätte ich mir einen viel stärken Mix gewünscht, denn die Sci-Fi-Einflüsse kommen dann doch etwas zu kurz.
Auch die Story könnte so viel mehr, hätten die Writer beim Dialogschreiben keinen Clown zum Frühstück gehabt. Ihr seid ein unsterblicher Mensch auf einem fremden Planeten. Während ihr versucht eure rätselhafte Vergangenheit zu entschlüsseln, herrscht ein Völkerkrieg zwischen den herrschenden Naboru und den versklavten Ratkins. Gezwungenermaßen müsst ihr euch für eine Seite entscheiden, doch diese kann sich über den Spielverlauf, zumindest bis zu einem gewissen Punkt, noch ändern.
Es gibt aber auch eine dritte Fraktion, der ihr euch anschließen könnt, und zwar die Armee der Gebrochenen. Sie profitiert vom Konflikt – und ihr könnt das auch. Euer moralischer Kompass dreht öfter Mal von Nord auf Süd. Während die Geschichte sich langsam entspinnt, findet ihr heraus, dass es kein einfaches Gut und Böse gibt, eher ein Übel und Übler.
Jede Entscheidung hat Konsequenzen und die sind oft sofort spürbar. Allerdings sind manche Entscheidungen nicht immer gleich nachvollziehbar. An einer Stelle habe ich gedacht, dass ich den Krieg friedlich gelöst hätte, nur um im Nachhinein zu erfahren, dass ich im Grunde die Sklaverei fortgesetzt habe. Upsi!
Es ist an sich keine wirre Handlung, aber sie wird hin und wieder wirr erzählt. Das geht so weit, dass selbst Silver das nicht unkommentiert lassen kann.
Zwischen knallhart und kinderleicht
GoldKnights sprach im Vorfeld von einem Soulslite. Man verfolge nämlich nicht das Ziel, die Spieler vor gnadenlose Herausforderungen zu stellen. The Last Oricru ist aber zunächst alles andere als einfach, denn der Einstieg ist recht knackig. Die Steuerung ist gewöhnungsbedürftig, gegnerische Angriffe sind oft zu abrupt und das Parieren zu ungenau, um jemals eine faire Chance zu haben. Zudem navigiert es sich ohne Karte nicht so einfach und das nächste Missionsziel muss man manchmal länger suchen.
Im Spielverlauf schaltet ihr verschiedene Waffen frei, die entweder auf brachialen Nahkampf oder magische Geschosse setzen. Manche Schwerter, Äxte oder Hämmer kombinieren beides: Der Hauptangriff ist eine Folge aus Hieben, der Zweitangriff ein Elementarangriff. Magie-Attacken haben aber zu wenig Wumms und zudem klingen die Soundeffekte billig, also zu wenig Doppelwumms. Sofern ihr keine zweihändigen Waffen führt, könnt ihr auch einen Schild zur Verteidigung nehmen; auch diese können spezielle Fähigkeiten haben.
Die beste Verteidigung bleibt aber der Angriff. Denn oft kann man auf einzelne Gegner einfach draufhauen, bevor diese auf dumme Gedanken kommen können. Das gilt auch für den ein oder anderen stupiden Bossgegner. Spätestens ab dem Zeitpunkt, wenn ihr Waffen freischaltet, die mit jedem Schlag Leben generieren, macht das Soulslike eine 180°-Wende.
The Last Oricru hat ein enormes Balancing-Problem, denn aus Knallhart wird Kinderleicht. Die goldene Mitte, die GoldKnights anvisiert hat, geht nicht ganz auf.
Das ist schade, denn eigentlich bietet das Waffensystem mehr Tiefe als erwartet. Je nachdem, wie ihr euch skillt, wachsen die Stats der entsprechenden Waffen mit und ihr habt somit bessere Chancen im Kampf. Stärke ist für High-Damage-Waffen, Geschicklichkeit für leichte, aber schnellere Waffen und Intelligenz für magiebasierte Waffen. Ringe können ein paar ausgegebene Skillpunkte von einem Attribut auf ein anderes ändern. Das reicht aber in der Regel nicht aus, um zwischen den Kampfstilen wechseln zu können, weshalb die Kämpfe vor allem gegen Ende monoton ausfallen.
Ein Soulslike im Koop
Was die Gameplay-Erfahrung hingegen stark aufwertet, ist der Koop-Modus. Ihr könnt das Soulslike von Anfang bis Ende mit einem Freund online sowie im Splitscreen durchspielen. Etwas, was in diesem Genre eher selten der Fall ist.
Sobald ihr euch an einem Terminal befindet, kann euer Koop-Partner als Hologramm dazustoßen. Er wird automatisch auf euer Level gehoben und kann auf euer Inventar zugreifen. Die Story kann nur der Host beeinflussen, dafür kann der zweite Spieler mitkämpfen, looten und die offenen Areale frei erkunden.
Es gibt bestimmte Waffen, die erst im Koop-Modus ihr volles Potenzial entfalten. Der Verstärken-Schild kann beispielsweise magische Geschosse vom Partner reflektieren und dadurch dem Feind mehr Schaden zufügen.
Am meisten profitiert The Last Oricru aber vom lokalen Koop. Das Problem mit den festen Kampfstilen habt ihr dann nicht mehr, denn euer Partner kann seine Skillpunkte frei verteilen, sprich: Wenn ihr vollständig auf Stärke skillt, kann er hingegen alle Punkte auf Intelligenz setzen – und dann könnt ihr die Controller tauschen. Gemeinsam macht The Last Oricru definitiv den meisten Spaß!
The Last Oricru ist seit dem 13. Oktober 2022 für PS5, Xbox X|S und PC erhältlich.
Fazit: The Last Oricru
Die Dialoge sind Fluch und Segen zugleich: Eine ernste Geschichte endet in einer Lachnummer. Dadurch verliert The Last Oricru sein eigentliches Publikum, gewinnt aber dafür ein neues.
Es ist kein gelungenes Spiel, doch aus irgendeinem mir unerklärlichen Grund konnte ich meinen Spaß daran finden. Es ist wie mit dem Film The Room: Es ist manchmal so schlecht, dass es doch irgendwie gut ist.
The Last Oricru kann und will ich dennoch nicht all seine Qualitäten absprechen, denn in manchen Aspekten kann das Spiel auch punkten. Doch es versucht zu viel und macht fast alles maximal mittelmäßig.