Als Overwatch-Spieler hat man es in diesen Tagen nicht leicht. Trotz sorgfältiger Planung, zahlreichen Tests und vorausschauender Eventualitäten ging mit dem Release von Overwatch 2 so ziemlich alles in die Hose, was hätte nur schief gehen können. Damit nicht genug, wagte man ein risikoreiches Experiment, in dem man dem Original-Overwatch zeitgleich den Stecker gezogen hat. Im Ergebnis standen die Spieler mit nichts in den Händen da.
Die Problemliste von Overwatch 2 liest sich wie eine Kassenzettel von Ikea, auf dem man sich eine ganze Küche zusammengestellt hat – viele Einzelteile ergeben das Puzzle. Los ging es bereits im Juni, als auch Konsolen-Spieler aufgefordert wurden, die Migration von Overwatch zu Overwatch 2 über einen Battle.net-Account anzugehen. Hinzu kam der Umstand mit einer zwingend benötigten Telefonnummer, um seinen Account zusätzlich abzusichern, wobei klassische Prepaid-Nummern pauschal ausgeschlossen waren. Hatte man diese Hürden erst einmal überwunden, kam es zum Release zu einem massiven DDoS-Angriff auf die Server, was den eigentlichen Launch von Overwatch 2 für Blizzard faktisch abgesagt hat.
Bis Donnerstagabend hagelte es zahlreiche Kritik von den Spielern, die nicht in der Lage waren, Overwatch 2 zu spielen oder ihre Freunde darin einzuladen, gefolgt von einem kritischen Bug, der echtes Geld statt die In-Game-Währung ausgab. Oder nervige Inventar-Fehler, besonders auf PlayStation, wodurch es nicht möglich ist, auf sein zuvor erworbenes Watchpoint Pack für immerhin knapp 40 Euro zuzugreifen. Die Liste geht immer so weiter und steht für alles andere als einen idealen Launch eines solch großen Entertainment-Produkts.
Immerhin hat es Blizzard geschafft, dass Spieler die Lootboxen aus dem ersten Teil vermissen. Denn der Battle Pass ist aktuell die einzige Form der Progression – und lädt nicht nur zum exzessiven Grinden ein, sondern ist auch gefüllt mit schrottigen Items. Macht ja nichts, im Shop kann man immerhin ein Skin-Bundle mit drei alten Kostümen für 36 Euro erhalten.
Um die Schere zwischen Arm und Reich klein zu halten, gibt sich Blizzard größte Mühe, legendäre Skins so unlegendär wie nur möglich zu gestalten. Im folgenden Reddit-Post könnt ihr einmal das Selbstexperiment wagen: Welcher der beiden Skins ist der legendäre, der euch 20 Euro oder etwa 32 Wochen Grind kostet?
Und was tut Blizzard?
Entwickler Blizzard entschuldigt sich seitdem unentwegt, ist aber auch nicht ganz untätig. Als erste Maßnahme, abgesehen von der Abwehr des DDoS-Angriffs, hat man den Zwang der Telefonnummer zumindest für bestehende Spieler abgeschafft. Neue Spieler müssen sich hier noch immer verifizieren. Nun gut, das ist nachvollziehbar.
Was die anderen Probleme betrifft, macht man laut verschiedener Status-Updates stetige Fortschritte, räumt aber ein, dass es nach wie vor Probleme bei der Zusammenführung von Konten oder dem Inventar gibt. Dinge wie Anmeldeprobleme konnte man so weit lösen, dass sie inzwischen eine geringere Priorität haben, jedoch nicht ohne einen anderen Kompromiss eingehen zu müssen, wie Blizzard ironischerweise ausführt:
„Jetzt, wo wir die Kapazität erhöht und mehr gleichzeitige Spieler haben, sind die Matchmaking-Systeme betroffen, was bedeutet, dass man möglicherweise länger warten muss, bevor man in ein Match platziert wird.“
Blizzard
Das letzte Status-Update liest sich hingegen wie aus einem Drehbuch, in dem man den Frust der Spieler nachvollziehen kann und um Geduld bittet. Natürlich sei es das oberste Ziel, dass man Overwatch 2 für alle Spieler zu einem angenehmen Erlebnis macht. Nur wann?
Weitere und signifikante Änderungen wird man voraussichtlich in der nächsten Woche umsetzen. Bis dahin hätte man auch das Original-Overwatch online lassen können, ganz nach dem Motto: „Never touch (or kill) a running system.“ Das könnte man der Fehlerliste ja jetzt einfach hinzufügen.