Kann „Dishonored – Der Tod des Outsiders“ den durchaus guten Eindruck von der gamescom (unser Preview) bestätigen oder stellt sich die Vorfreude auf diesen vielversprechenden Titel doch als unbegründet heraus? Wir waren gespannt und haben alles genauer unter die Lupe genommen. Das Ergebnis war durchaus überraschend.
Die freie Vielfalt beginnt schon vor dem eigentlichen Spielerlebnis. Neben den gewohnten Schwierigkeitsgraden leicht, normal, schwer, etc. kann der Spieler in „Dishonored – Der Tod der Outsider“ auch seinen ganz eigenen Schwierigkeitsgrad definieren und hierfür selbst verschiedene Parameter festlegen. Der Titel spielt losgelöst von der eigentlichen Reihe zu der Zeit nach Teil zwei. Hin und wieder wird aber auch auf die Geschehnisse der Hauptteile Bezug genommen oder Personen eben dieser erwähnt. Unsere Reise beginnt dabei allerdings etwas anders:
Die Protagonistin Billie Lurk erwacht in einer kleinen Kajüte auf ihrem Schiff, der Dreadful Whale, das uns als Ausgangspunkt jedes Levels dient. Schnell werden wir über ihren Antrieb aufgeklärt: Sie will ihren ehemaligen Lehrmeister Draud ausfindig machen und befreien, denn er scheint in großen Schwierigkeiten zu stecken. Haben wir ihn gefunden und gerettet, beginnt die Jagd auf den ultimativen Feind: Den Outsider. Unsere Reise bringt uns dabei in viele verschiedene Gebiete und Bereiche, in denen es einige kleine nette Objekte gibt, die überall verstreut sind.
Besonders ansprechend: Während die Vorbereitung auf die erste Mission noch läuft, ist das eingebaute Tutorial bereits in vollem Gange. Durch kurze Unterbrechungen werden immer wieder nützliche Infos, wie die Erklärung des Menüs, mögliche Angriffs-Kombos, benutzerdefinierbare Einstellungen oder mögliche Herangehensweisen aufgezeigt.
Während des Tutorials fällt zudem eines direkt auf: Das Menü ist sehr übersichtlich und einfach strukturiert. Es braucht keine Eingewöhnungszeit oder lange Sucherei um die gewünschte Option zu finden. Die fünf Reiter „Mission“, „Aufträge“, „Knochenartefakte“, „Wissen & Karten“ und „Reiseprotokoll“ sind in weitere Unterpunkte unterteilt. So hat man bei „Mission“ z.B. noch die Auswahl zwischen den Zielen, Missionshinweisen und Missionsgegenständen. Die Ziele beschreiben ganz klassisch die Mission mit kurzem Umriss, während die Missionshinweise wirklich nützliche Tipps geben, wie z. B. vom Geflüster der Ratten auf den Straßen, denen man zugehört hat. Ein regelmäßiger Blick lohnt sich daher auf jeden Fall, denn Abkürzungen oder versteckte Gänge werden hier oft erwähnt, ebenso wie Passwörter und Codes, die wir aus Briefen aufsammeln. Die Missionsgegenstände umschreiben dabei die gefundenen Gegenstände und liefern kleine Hinweise wo oder wie das Objekt eingesetzt werden könnte.
Die Aufträge stellen spezielle Nebenmissionen dar, durch die das Spielerlebnis noch erweitert wird. Diese ermöglichen einen netten Nebenverdienst an Münzen, mit denen man z.B. Charaktere bestechen kann, um Missionen deutlich angenehmer zu gestalten, oder im Schwarzmarktladen neue Ausrüstung zu kaufen. Zudem können diese Aufträge gut während der Hauptmission und nebenbei erledigt werden.
Erwähnenswert sind außerdem die Knochenartefakte. Diese findet man entweder in Kisten oder Schränken oder erhält sie durch plündern eines exekutierten Gegners. Es können zunächst bis zu fünf Artefakte gleichzeitig dauerhaft aktiviert werden. Doch dabei sollte die Wahl gut überdacht sein. Denn manche Artefakte bringen mit einem Vorteil auch einen Nachteil mit sich. Hier sollte jeder für sich selbst entscheiden, welcher Gegenstand am besten zum eigenen Spielstil passt.
Zudem fiel positiv auf, dass während des Spiels jederzeit durch das Hauptmenü verschiedene Punkte des Tutorials erneut aufgerufen werden können. So kann man sich, besonders am Anfang, in gewissen Situationen schnell Hilfe besorgen, um knifflige Situationen zu retten. Und auch sonst schafft es „Dishonored-Der Tod des Outsiders“, eben wie seine Vorgänger, mit einer guten Stand-Alone-Story und einer gelungenen Hauptfigur zu punkten.
Verschiedene Strategien
Bei „Dishonored – Der Tod des Outsiders“ lassen die Entwickler dem Anwender die Möglichkeit seine Stärken auszuspielen. Es gibt nicht den einen „richtigen Weg“, nur eine falsche Selbsteinschätzung. Doch aus Fehlern sollte man bekanntlich lernen, was in diesem Fall eine neue Strategie bedeuten würde. Die Wahl zwischen einem lauten Frontalangriff oder dem Weg des leisen Assassinen bleibt jedem selbst überlassen. Beide Wege sind anspruchsvoll, wobei der offene Kampf doch sehr viel Können und Geschick abverlangt und dennoch oft mit dem Tod endet. Sollte man sich für den leisen Weg entscheiden, sind Timing und Geduld sehr wichtig. Der richtige Moment, in dem man zuschlägt sollte gut bedacht sein, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Tarnung ist alles
Wer bereits in den Genuss eines Dishonored-Spiels gekommen ist, der kennt sich bereits mit den besonderen Kräften aus, die den Figuren durch das „Nichts“ verliehen werden. Auch Lurk profitiert hiervon und besitzt ihre ganz eigenen Fertigkeiten. Sollte die Tarnung etwa doch mal auffliegen, ergibt sich noch die Möglichkeit an einen etwas entfernten Punkt zu teleportieren, welchen man allerdings selbst schnell anvisieren muss. Ein sinnvolles Ziel wäre eine Mauer oder Statue, hinter welcher man sich gut verstecken kann, bis die Wachen die Suche einstellen. Aber auch offene Fenster oder Passagen lassen sich so gekonnt erreichen.
Sollte es dann doch zu einer frontalen Konfrontation zu kommen, sollte man mit seinem Schwert zum richtigen Zeitpunkt angreifen und auch blocken. Ebenfalls empfiehlt sich der Einsatz der verfügbaren Distanzwaffen, eine Art Miniarmbrust, welche auf dem Handgelenkrücken platziert ist. Hierfür gibt es verschiedene Arten der Munition, u.a. die „normal“ tödliche Geschosse, welche den Gegner bei einem richtigen Treffer ins Jenseits schicken. Alternativ können aber auch Elektroschocker-ähnliche Geschosse verwendet werden, die den Gegner für eine gewisse Zeit betäuben. Zudem bietet das Spiel verschieden einsetzbare Minen, welche im Notfall geworfen oder bei guter Vorbereitung schon vor einem sich anbahnenden Kampf sinnvoll platziert werden können. Es empfiehlt sich lieber mehr als zu wenige zu platzieren, da die Minen auch wieder eingesammelt werden können. Die Kämpfe gestalteten sich somit insgesamt recht anspruchsvoll, wobei alles in allem jeder Schritt gut überlegt sein sollte.
Im Verlauf des Spiels gewinnen wir zudem noch weitere nützliche Fähigkeiten. So ist es u.a. möglich einem Zivilisten, der im Idealfall unbeobachtet ist, seinen Körper „zu stehlen“. Man nimmt das äußere Erscheinungsbild des Passanten an und kann so ungestört, für einen selbst kritische Bereiche, passieren. Doch Vorsicht, dieser Effekt hält nicht ewig an. Erlischt die Tarnung, entdecken uns die Wachen und gehen sofort zum Angriff über, womit wir wieder beim offenen Kampf wären.
Des Rätsels Lösung…
liegt nicht immer direkt auf der Hand. Und genau das macht die Sache auch so interessant. Um beispielsweise den Tresor in einem Haus öffnen zu können, müssen wir zunächst einigen Hinweisen folgen. Es müssen Abwehrkonstruktionen überwunden werden, um ans Ziel zu kommen. Auch sollte immer nach Schlupflöchern oder versteckten Wegen Ausschau gehalten werden. Diese können viel Zeit und Mühe sparen. Es ist fast schon Pflicht genauer hinzuschauen, um überhaupt weiterzukommen, was das Spiel aber auch sehr interessant macht. Man wird nicht einfach von Mission zu Mission geleitet, bringt Menschen um oder betäubt sie, sammelt seine Belohnung ein und ist fertig. Dishonored ist im Gesamten ein großes Rätsel, was gelöst werden will. Hier kommen dem Titel auch seine doch recht großen, offenen Level zugute, in denen wir uns immer wieder frei hin und her bewegen. Klar, eine komplett offene Spielwelt wäre hier wünschenswerter gewesen, gerade um die Ladezeiten zu unterbinden, die sich doch immer wieder einmal ergeben, selbst wenn man nur ein größeres Haus betreten will, aber das lässt sich durchaus noch verschmerzen.
Optisch überzeugend
ist die aufmerksame Gestaltung der Umgebung. Die engen Gassen mit ihren Bewohnern und Grünflächen sind auf gewohnt hohem Niveau schön dargestellt. Auch der eigene Charakter und unsere Gegner sehen wieder äußerst ansprechend aus. Die verschiedenen Lokalitäten sind passend entworfen und machen einen runden Gesamteindruck. Besonders die vielen Details sind hier zu erwähnen, denn überall findet man geheime Notizen, Münzen, Flaschen, Bücher, Waffen oder andere Hilfsmittel. Hinzu kommen zahlreiche Gemälde, die unterschiedlichsten Gebäude und Einrichtungsstile, sowie viele kleine Momente, die das gesamte Spiel sehr lebendig wirken lassen. Insgesamt ist die Darstellung wieder sehr gelungen und setzt dabei auf den für die Serie typischen Steampunk-Stil, bei gleichzeitig solider Performance, auch wenn hier und da ein wenig mehr Feinschliff oder Leistung wünschenswert gewesen wäre.