TEST: Saints Row – Kawumm, auch ohne Dildos & Aliens ein riesen Spaß

By Mark Tomson Add a Comment
11 Min Read

Vorbei die Zeiten, in denen sich die Saints im Rotlichtmilieu einen Namen gemacht, ihre Gegner mit Riesendildos verprügelt oder sich mit Aliens angelegt haben. Die neuen Saints im Reboot von Saints Row sind deutlich bodenständiger, jedoch nicht weniger verrückt und noch immer voller Flausen im Kopf.

Bei der Findung zur eigenen Identität, was Saints Row eigentlich sein möchte, liefert Entwickler Volition mit dem Neustart das bisher beste Saints Row-Spiel ab, das es je gegeben hat. Keine ständigen Vergleiche oder Konkurrenzdenken mit GTA mehr, aber auch keinerlei Abstriche bei dem, was Saints Row früher ausmachte – nämlich jede Menge Spaß und Chaos. Warum Saints Row der Open-World-Hit des Jahres werden könnte, erfahrt ihr in unserem Review.

saints row charaktere
The Saints & Snickerdoodle

Die neuen Saints

Saints Row macht genau das, was man von einem Reboot erwartet. Fast alles Vergangene über Bord geworfen und bei Null angefangen. In der Hauptrolle: Ihr – THE BOSS genannt – ein smarter Typ, der es eigentlich bei der Marshall Task Force zu etwas bringen will, die Organisation unglücklicherweise aber ins Chaos stürzt und vor die Tür gesetzt wird. Da es fortan kaum noch für die Miete reicht, bleibt einem in Santo Ileso, dem neuen Schauplatz von Saints Row, der stark vom Südwesten der USA inspiriert ist, nichts anderes übrig, als einen kriminellen Weg einzuschlagen. Gemeinsam mit seinen Mitbewohnern – dem cleveren Eli, dem Partytypen Kevin und der autoverrückten Neenah (nicht zu vergessen Snickerdoodle, die Hauskatze) – kommt man mit kleineren Jobs erst so richtig auf den Geschmack und beschließt die neuen Saints zu gründen und Santo Ileso zu seinem Revier zu machen. 

Das Ziel: Einfluss gewinnen, kriminelle Vorhaben gründen, rivalisierende Gangs bekämpfen und letztendlich die Stadt für sich gewinnen. Zugegeben, das Story-Konzept ist trotz des Protagonisten und seinen Sidekicks oder dem KoOp-Modus ganz klassisch aufgesetzt und mit einer überschaubaren Spielzeit versehen. Die Story an sich umfasst aber auch nur einen Bruchteil der Möglichkeiten, die das neue Saints Row bietet.

Im Grunde wird hier die Gründung und der Aufstieg der neuen Saints zu einer gefürchteten Organisation erzählt, einschließlich Höhen und Tiefen, denn The Boss und der Rest der Crew finden sich nicht nur einmal am Boden ganz unten wieder, nur um sich wieder aufzurappeln. Auf diesem Weg passieren aber so viele verrückte Dinge und Volition fährt nahezu alles auf, was an Action und Kuriositäten möglich ist. Es vergeht kaum eine Minute, in der nicht irgendetwas explodiert, man in wilde Schießereien verwickelt wird oder einem etwas aus heiterem Himmel auf den Kopf fällt, so dass man durchweg unterhalten ist. Von Langeweile keine Spur!

Chaos & Feuerwerk wo man hinschaut

Die Story führt euch zunächst wie an einem roten Faden durch Santo Ileso. Mit dem nötigen Kleingeld lassen sich schon bald erste kriminelle Vorhaben gründen, die allesamt Mafia-Charakter haben: Ob Tatort-Reiniger, die Übernahme eines Eiswagen-Imperiums oder illegale Autowerkstätten. Anhand von Minijobs, die in ganz Santo Ileso verteilt sind, stärkt man seinen Einfluss, steigert die stündlichen Einnahmen und übernimmt letztendlich den Bezirk. Besonders spaßig ist das Versicherungsbetrug-Business, das sich vom populären Crash-Mode aus Burnout inspirieren ließ – nur crasht man hier nicht mit einem Auto in die Massen, sondern wird selbst zum Crash-Objekt.

Saints Row Reboot
Saints Row Reboot

Eine Besonderheit während der Story ist das LARP-Game Kraken, mit dem man ein mittelalterliches Rollenspiel erlebt und sich zwischen rivalisierenden Häusern duelliert – alles mit Fake-Waffen, Rüstungen aus Pappe und was zu so einem LARP Game alles gehört. Ein Spiel im Spiel, das man persönlich mögen muss. Für meinen Geschmack nimmt es etwas zu viel Raum in der Story ein, da die Belohnung am Ende keine andere als bei anderen kriminellen Vorhaben ist – und da man auch nur Fake-Schläge und Schüsse verteilt, nimmt es dem Ganzen auch ein wenig den Spaß an der Sache und wirkt generell auch etwas seltsam.

An Abwechslung mangelt es Saints Row aber keinesfalls und jede Mission wird immer mit genau der richtigen Mischung aus Action, Humor und jeder Menge Kugeln präsentiert: Das eine Mal schleift man jemand in einem versifften Dixi-Klo hinter seinem Auto her, um dieses im nächsten Moment als Schleuder zu nutzen und damit einen Campingplatz zu verwüsten. Oder man erlebt eine actiongeladene Zugfahrt, bei der man sich an dessen Spitzen schießen muss, um die Marshall Task Force aufzuhalten, stiehlt seltene Karossen oder man kurvt auf Hover-Jets über den riesigen See in der Mitte der Karte, um am Ende eine ganze Luxusjacht mit viel Wumms und Feuerwerk in die Luft zu sprengen. Das reicht euch noch nicht? Wie wäre es dann mit dem hypermodernen Panzer, den man bei der Marshall Task Force entwendet, ausgestattet mit Lasern und Raketen, der alles dem Erdboden gleich macht? Auch das gibt es!

Saints Row Wingsuit Action

Nebenher richtet man sich sein neues Saints-Headquarter in einer alten Kirche ein, geht auf Sightseeingtour in der Stadt, lernt die Geschichte von Santo Ileso kennen oder genießt einfach nur die atemberaubenden Aussichten in der Wüste, die man gechillt und mit laufenden Radio und Salsamusik hinterm Steuer eines seiner unzähligen Autos, Bikes, Panzer, Hubschrauber & Co. haben kann. 

Auf den Punkt gebracht, es gibt unglaublich viel zu tun in der Stadt und der Aufstieg der Saints ist mit allen möglichen Hürden, Höhen und Tiefen, aber auch lustigen und völlig verrückten Momenten gepflastert.

Volition sollte ein Wrestling-Spiel machen

Was aber wirklich gut gelungen ist, sind die Nahkämpfe, denn Volition geht neben den üblichen Schießereien mit den unzähligen und anpassbaren Waffen weit über simple Faustkämpfe hinaus. Man könnte meinen, man steht im Ring einer WWE-Arena, in der nicht mit Moves und Finishers gegeizt wird.

Zugegeben, die spielerische Umsetzung ist recht einfach und kommt keinesfalls an ein technisches Spiel wie WWE heran, denn sobald sich eure ikonische Fähigkeit aufgeladen hat, reicht ein Druck auf die Dreiecktaste in der Nähe eines Gegners aus, um ihn mit einem kraftvollen und oftmals brutalen Moves das Leben aus dem Leib zu prügeln. Glücklicherweise setzt man dazu auf eine ganze Palette von Animationen, die ein wahres Fest für die Augen sind und inmitten der Schießereien herrlich dynamisch wirken. Ergänzt man das noch mit den Fähigkeiten aus eurem Skill-Tree, machen die Nahkämpfe oftmals mehr Spaß als die stupiden Dauerschießereien. 

Saints Row - The Idols
Saints Row – The Idols

Was hingegen ein wenig am Missions-Design kratzt – was man aber auch bei vielen anderen Spielen genau so sieht – ist, dass die Missionen repetitiv wirken können. Geht man immer nur dem gleichen kriminellen Vorhaben nach, wiederholen sich die Aufgaben darin. Zum Beispiel bei den Eiswagen, die man fünf Mal auf die gleiche Weise beschaffen muss. Dummerweise wird man aber auch aufgefordert, vorrangig die kriminellen Vorhaben abzuschließen, um im Gesamtfortschritt weiter voranzukommen. Da man es im Endgame-Inhalt jedoch nicht ganz so eilig hat, bietet es sich an, sich lieber einen Bezirk nach dem anderen vorzunehmen, so wechseln sich die Jobs von ganz alleine ab.

Auffällig und künstlich gestreckt werden auch die Missionsstartpunkte, die einen nicht selten von einem Ende der Stadt zum anderen jagen. Man kann ja verstehen, dass man hier und da ein wenig mit der Spielzeit tricksen möchte, in Saints Row überspannt man den Bogen gefühlt damit aber etwas zu sehr. Immerhin gibt es so viel zu sehen, auch wenn das bedeutet, dass man mal Donuts am anderen Ende der Stadt abholen muss und nicht aus der Tiefkühltheke im nächsten Quicksave Market.

Saints Row -  Santo Ileso
Saints Row – Santo Ileso

Ein riesiger Themenpark?

Ein Fest für die Augen ist nämlich auch Santo Ileso an sich, das man leicht mit einem Themenpark verwechseln könnte. Zwischen authentischer Kulisse und gepflegter Innenstadt besucht man hier eine Art Las Vegas (im Spiel El Dorado genannt), immer wieder säumen riesige Kakteen, Dinosaurier oder schräge Skulpturen den Weg, die wie in einem Themenpark zu lustigen Fotoerinnerungen animieren. Das ist übrigens auch eine schöne Nebenaufgabe, die man erledigen kann. Insbesondere die äußeren Bezirke versprechen viel Kreativität und wirken leicht verspielt, so dass man eine wahre Freude daran haben wird, diese zu erkunden.

Dass sich Saints Row selbst nicht so ganz ernst nimmt, spiegelt sich insbesondere am gewählten Comic-Look wider. Es ist nun auch nicht das erste Spiel, das dem Trend aus Fortnite etc. folgt, zu Saints Row passt es aber auch sehr gut. Die Texturen wirken zunächst schlicht, sparen jedoch nicht mit Details oder Animationen. Auch die bunte Beleuchtung macht einiges her, vor allem wenn man Nachts den Idols begegnet, die in ihrem Party- und Raverleben die ganze Stadt mit Neonfarben zum Leuchten bringen.

Saints Row -  Headquarter
Saints Row – Headquarter

Insgesamt geht spielerisch und grafisch in Saints Row alles Hand in Hand und bis auf ein paar Progression-Bugs, die zum Neustart eines Auftrags zwangen, läuft das Spiel rund. Getestet wurde übrigens mit der neuen nativen 1440p Auflösung und 60fps. Optional kann man sich für einen der Quality- oder Performance-Modi entscheiden, wobei sich die 60fps am angenehmsten anfühlen.

Fazit

TEST: Saints Row – Kawumm, auch ohne Dildos & Aliens ein riesen Spaß
“Was für ein spaßiger Ritt! Dafür, dass man im Vorfeld so viel über das Saints Row Reboot gemeckert hat, ohne es mal selbst gespielt zu haben, ist der Neustart ziemlich gelungen. Ja, den ganzen Sexismus hat man überwiegend ausgesiebt und im besten Fall sieht man noch eine Oben-ohne-Bar in den Straßen von Santo Ileso. Wenn man es aber mit so viel Non-Stop-Action, völlig irren Ideen und einem solch abgedrehten Gameplay zu tun bekommt, braucht es nicht unbedingt auch noch Dildos. In der Summe macht das neue Saints Row noch immer unfassbar viel Spaß und geizt zu keiner Sekunde mit durchgeknallten Ideen, wofür man die Serie bisher immer geliebt hat. Wenn man einmal über die kleineren Progression-Bugs hinweg sieht (die sicher noch behoben werden), hat Sainst Row das Zeug zum echten Hit in diesem Jahr.” 
Up
Tolles Setting & Atmosphäre
Spaßiges Gameplay
Umfassende Anpassungen
Jede Menge zu tun in Santo Ileso
Down
Story könnte umfassender sein
Einige Progression-Bugs während des Tests
Künstlich gestreckte Fahrtwege
Aufgaben innerhalb der Vorhaben wiederholen sich
8.9
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