Mit Lost Records: Bloom & Rage wagt sich Don’t Nod erneut in das Terrain narrativer Abenteuer, diesmal mit einer Coming-of-Age-Story, die sich um eine Gruppe von Mädchen dreht. Die 90er-Jahre-Atmosphäre, nostalgische Referenzen und der typische Storytelling-Charme des Studios versprechen ein spannendes Erlebnis. Doch eine Frage drängt sich auf: Warum gibt es nicht auch eine entsprechende Story mit Jungs in der Hauptrolle?
Ein Gegenstück zu Lost Records: Bloom & Rage könnte sich von Filmen wie Stand by Me oder The Goonies inspirieren lassen und eine ebenso packende Geschichte erzählen – ohne sich zu sehr in emotionalen oder romantischen Verwicklungen zu verlieren. Vielmehr könnte der Fokus auf Freundschaft, Abenteuer und die Herausforderungen des Erwachsenwerdens gelegt werden, eingebettet in eine mitreißende 90er-Jahre-Story. Genau das hatte man anfangs von Lost Records erwartet – nur um mit Tape 1 festzustellen, dass es schon wieder nur um klassischen Mädchenkram geht. Ein Ansatz, der Life is Strange: Double Exposure zuletzt ordentlich auf die Füße gefallen ist – und bei dem sich der Entwickler kurioserweise fragt, was wohl schiefgelaufen sei?
Eine Hommage an die goldene Ära des Abenteuerfilms
Die 80er und 90er Jahre haben unvergessliche Abenteuerfilme hervorgebracht, in denen oft Jungs im Mittelpunkt standen. Stand by Me von Stephen King hat bewiesen, wie viel Drama und Spannung in einer einfachen Geschichte über Freundschaft stecken kann. Auch IT – besonders in der Neuverfilmung – hat gezeigt, dass eine Mischung aus Mystery, Retro-Charme und Coming-of-Age-Elementen bestens funktioniert. Ein neues Don’t-Nod-Spiel könnte genau diesen Geist einfangen.
Was das Spiel bieten sollte:
- Eine spannende Clique: Keine klischeehaften „Problemkinder“ mit Alltagsneurosen, sondern glaubwürdige Figuren mit Ecken und Kanten. Jeder in der Gruppe bringt seine eigene Dynamik mit ein.
- Ein zentrales Mysterium: Ein spannendes Abenteuer, das die Charaktere zusammenhält – sei es ein dunkles Geheimnis, eine urbane Legende oder ein verlassenes Gebäude mit einer geheimnisvollen Vergangenheit.
- 90er-Vibes: Walkmans, VHS-Kassetten, Arcade-Hallen – Nostalgie pur!
- Keine kitschige Lovestory: Weniger Fokus auf Romantik oder tiefe Gefühlsdramen. Freundschaft und Abenteuer stehen im Vordergrund.
- Keine erzwungene Diversität: Stattdessen natürliche Charakterentwicklung und authentische Erlebnisse.
Viele Spieler wollen ihre Jugend neu erleben
Es ist kein Geheimnis, dass ein großer Teil der Spielerschaft aus Männern besteht. Gerade für diese wäre eine Geschichte, die sich an ihren eigenen Jugenderinnerungen orientiert, besonders reizvoll. Die Mädchenstorys, die seit Life is Strange etabliert wurden, sind nett und haben ihre Berechtigung. Doch ein Abenteuer, das sich nur um Jungs oder zumindest eine gemischte Gruppe dreht, könnte den Fokus noch stärker auf Spannung, Freundschaft und das Entdecken von Geheimnissen lenken.
Eine reine Jungs-Story könnte zudem das Problem mit den zunehmend überdramatisierten Geschichten lösen. Davon haben wir mittlerweile genug, und das kommende Mixtape von Annapurna Interactive ändert daran auch nichts – wieder nur Mädchen in der Hauptrolle. Jungs sind oft weniger emotional, haben einen größeren Abenteuerdrang und würden genau die Wünsche vieler Spieler bedienen. Life is Strange 2 hat bereits gezeigt, dass dieses Konzept ebenso gut funktionieren kann. Ein solcher Fokus würde dem Genre frischen Wind verleihen und das Narrativ auf eine spannendere Ebene heben.
Lost Records muss sich noch beweisen
Zwar ist die Story von Lost Records: Bloom & Rage noch nicht abgeschlossen, doch sollte das Spiel nicht deutlich in Bezug auf Abenteuer anziehen und stattdessen eine seichte Mädchenstory bleiben, wird man an die früheren Erfolge nicht anknüpfen können. Es braucht eine mitreißende Dynamik, um langfristig relevant zu bleiben, und ein reines Drama ohne spannende Entwicklungen könnte sich als Fehltritt erweisen.
Don’t Nod hat mit Spielen wie Life is Strange und nun Lost Records: Bloom & Rage gezeigt, dass sie erzählerisch stark sind. Aber warum nicht einmal die andere Seite der Medaille beleuchten? Eine Gruppe Jungs auf einem unvergesslichen Abenteuer in den 90ern – mit Witz, Spannung und Retro-Charme. Ein Spiel, das für Fans von Stand by Me, Super 8 oder Stranger Things genau ins Schwarze treffen würde.
Die Frage ist nicht, ob Don’t Nod es könnte. Die Frage ist: Warum haben sie es nicht schon längst getan?