Indiana Jones hat das getan, was nicht viele für möglich hielten: Auf der PlayStation verkauft sich „Indiana Jones and The Great Circle“ schneller als auf Steam – und sogar schneller als auf der Xbox selbst. Das ist nicht nur ein bemerkenswerter Erfolg für das Spiel, sondern vor allem ein deutliches Signal für Microsofts neue Multiplattformstrategie: Die Zukunft von Xbox liegt nicht mehr exklusiv in der eigenen Konsole – sondern in der Öffnung zur Konkurrenz.
Seit dem 17. April ist „Indiana Jones and the Great Circle“ auch auf der PS5 erhältlich. Die Veröffentlichung erfolgte nur vier Monate nach dem ursprünglichen Launch auf Xbox und PC – ein Tempo, das Xbox bislang bei seinen First-Party-Titeln selten an den Tag gelegt hat. Die Zahlen sprechen für sich: Über 117.000 Verkäufe auf PS5 in den ersten sechs Tagen, verglichen mit 91.000 auf Steam im gleichen Zeitraum nach Launch. Das ist ein Verkaufsplus von rund 28 Prozent – und das, obwohl der Hype-Zug zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon abgefahren war. Diese Daten hat Alinea Analytics ermittelt.
Uncharted-Territorium – Warum PS5-Spieler auf Indiana Jones fliegen
Die Gründe für den PS5-Erfolg liegen auf der Hand. Wer Indiana Jones spielt, hat eine ganz bestimmte Art Spiel im Blick: filmreife Action-Adventures mit Fokus auf Story, Atmosphäre und ikonische Figuren. Genau das, was Naughty Dogs Uncharted-Reihe seit über einem Jahrzehnt auf PlayStation verkörpert und inzwischen fast sträfllich von Sony vernachlässigt wird. Kein Wunder also, dass laut Daten fast 80 % der Indy-Spieler auch die „Uncharted: Legacy of Thieves Collection“ gezockt haben.
Aber es geht noch weiter: Tomb Raider, Spider-Man 2, Arkham Knight, Jedi: Survivor – alles Titel mit starker Story, markanten Hauptfiguren und einem klaren Fokus auf Singleplayer-Erlebnisse. Die Schnittmenge mit Indiana Jones ist offensichtlich. Xbox hat also nicht nur ein Spiel veröffentlicht, sondern eine IP in einen Markt getragen, der förmlich nach dieser Art von Spiel lechzt – und das ganz ohne Live-Service-Ballast oder FOMO-Monetik wie in „Suicide Squad“ oder „Gotham Knights“.
Indiana Jones als Blaupause für Xbox’ Zukunft
Für Xbox bedeutet dieser Erfolg zweierlei. Erstens: Ja, Game Pass bringt Reichweite – über 5 Millionen Spieler haben „Indiana Jones and The Great Circle“ auf Xbox ausprobiert, die meisten über das Abo. Aber zweitens: Monetarisieren lässt sich diese Reichweite besser auf anderen Plattformen. Der Vollpreisverkauf auf PS5 schlägt das Abo-Modell in puncto Umsatz – vor allem, wenn das Spiel ohnehin keine starke Langzeitbindung bietet.
Noch steht Xbox offiziell zu exklusiven Releases. Doch mit jedem Monat wird deutlicher: Die Strategie der kleinen Schritte – eine Veröffentlichung hier, ein Port da – steuert auf ein klares Ziel zu. Day-One-Releases auf PlayStation werden kommen. Alles andere wäre wirtschaftlicher Selbstmord. Indiana Jones war das Testballon – und die Ergebnisse sind eindeutig – „Forza Horizon 5“ dürfte angesichts der ersten Kritiken folgen.
Das große Umdenken: Vom Plattform-Anbieter zum Content-Lieferant
Microsofts neue Rolle ist die des Content-Königs. Konsole, PC oder PlayStation? Egal. Hauptsache, die Spiele verkaufen sich – und das tun sie offensichtlich besser auf der Plattform mit der größten Action-Adventure-Fanbasis. Das ist keine Niederlage, sondern eine schlaue Evolution. Statt sich im Konsolenkrieg aufzureiben, liefert Xbox Spiele, die auf jeder Plattform funktionieren – und verdient mit jedem Verkauf.
Und während PlayStation-Spieler sich über ein weiteres filmreifes Abenteuer freuen, denkt man in Redmond vermutlich schon an den nächsten Schritt: Gears of War? Hellblade 2? Halo auf der PS5? Nicht mehr ausgeschlossen. Denn Indiana Jones zeigt, dass Grenzen durchlässig geworden sind – und dass Xbox seine Helden gerne auf Reisen schickt, wenn sich der Schatz dahinter lohnt.
Uncharted muss sich warm anziehen
Uncharted galt lange als das Maß aller Dinge, wenn es um cineastische Abenteuer auf der PlayStation ging. Doch jetzt wirft ein gewisser Archäologe seinen ikonischen Hut in den Ring – und wird mit offenen Armen empfangen. Während Sony scheinbar kampflos das Feld räumt und sich lieber in identitätspolitischen Selbstfindungstrips verliert, liefert „Indiana Jones and the Great Circle“ genau das, was viele Gamer sich insgeheim zurückwünschen: echte Helden, greifbare Abenteuer, pointierte Action. Keine kahlrasierten Missionarinnen mit Trauma-Backstory, sondern ein kerniger Typ mit Peitsche, Charme und einem klaren Ziel, um es mal überspitzt auszudrücken. Dieses Spiel ist nicht nur stark, es ist auch ein Statement: Xbox kann als Drittanbieter liefern – wenn Timing, Plattform und Spielgefühl stimmen.
Wer weiß: Vielleicht sind Nathan Drake und Indy beim nächsten Mal ja beide am Start – auf derselben Plattform, zur selben Zeit. Die Spieler hätten jedenfalls nichts dagegen.