TEST: Karma The Dark World – Ein düsteres Sci-Fi-Erlebnis

Karma: The Dark World im Test – ein düsteres, surreales Experiment, das mit psychologischer Tiefe und philosophischen Ansätzen fesselt, aber traditionelle Spieler herausfordert und polarisiert.

Dennis Giebert
Videospiel-Enthusiast von klein auf mit Vorliebe für Horrorspiele und Retro-Boomer-Shooter. Nebenbei leidenschaftlicher Streamer und seit 2012 als Redakteur bei PlayFront.de!
6 Min. Lesen

Karma: The Dark World entführt uns in eine düstere, alternative Realität des Jahres 1984, in der die omnipräsente Leviathan-Korporation mit eiserner Hand über Ostdeutschland herrscht. Als Daniel McGovern, ein Ermittler des Gedankenbüros, infiltrieren wir die Gedankenwelten verdächtiger Individuen, um verborgene Wahrheiten ans Licht zu bringen. Doch ist Karma: The Dark World wirklich so bedrückend und fesselnd, wie es der Titel verspricht? Unser Test liefert die Antwort.

Eine surreale Reise

Das Spiel beginnt anders als erwartet: Wir erwachen in einem Krankenhauszimmer, ohne Erinnerungen, orientierungslos und mit dem Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Während wir das Gebäude erkunden, nehmen wir grundlegende Einstellungen vor – Sound, FOV und andere Anpassungen –, die sich als Teil der spielinternen Kalibrierung erweisen.

Schon in den ersten Räumen werden wir mit verstörenden Bildern konfrontiert: Körper, die in Wannen wie groteske Pflanzen aus dem feuchten Boden wachsen. Als wir einen „Fehlschlag“ entsorgen, trifft unsere Spielfigur auf einen mysteriösen alten Mann. Seine ersten Worte sind wenig beruhigend: „Das passiert normalerweise nicht.“ Er setzt uns Kopfhörer auf, legt ein Band in einen Walkman ein und sagt: „Wir müssen uns erinnern und ihn auf der anderen Seite finden.“ Plötzlich finden wir uns in einem Ozean aus dunkler Flüssigkeit wieder, wo wir ein weiteres Band finden – und erkennen, wer wir sind: Daniel McGovern, Ermittler im Auftrag der Leviathan-Korporation. Unsere Aufgabe? Die Gedankenwelt eines Verdächtigen zu infiltrieren und ihn seiner gerechten Strafe zuzuführen.

Ein narratives Experiment – Faszination oder Frust?

Schon diese einleitenden Minuten lassen erahnen, was Karma: The Dark World sein will: ein interaktives Kunstwerk, ein narrativer Albtraum, ein Spiel, das mehr Fragen stellt, als es beantwortet. Gameplay-technisch ist es am ehesten als „Walking Simulator“ mit Rätseln zu bezeichnen. Wer schnelle Action sucht, wird hier nicht fündig. Stattdessen entfaltet sich eine tiefgehende, verschachtelte Geschichte, die noch lange nach dem Durchspielen nachhallt – eine Seltenheit in der modernen Spielelandschaft.

Die visuelle und akustische Präsentation sind zweifellos die größten Stärken von Karma: The Dark World. Die düstere Atmosphäre wird durch die beeindruckende Detailverliebtheit der Umgebung verstärkt. Als Daniel untersuchen wir einen zunächst unscheinbaren Vorfall: Ein Arbeiter hat ein Forschungsobjekt gestohlen. Doch schnell wird klar, dass sich hinter diesem Diebstahl weit mehr verbirgt. Die Gedankenwelt des Verdächtigen ist ein labyrinthisches Konstrukt, das sich aktiv gegen unsere Eindringlinge wehrt. Während wir tiefer in seine Psyche vordringen, wird ersichtlich, dass er einst eine bedeutendere Rolle innerhalb der Leviathan-Korporation spielte – bis ein Arbeitsunfall ihn alles kostete.

Je weiter wir voranschreiten, desto surrealer werden die Erlebnisse. Wir sehen fliegende Wale, die offenkundig die omnipräsente Macht der Leviathan-Korporation symbolisieren. Überwachungsaugen beobachten uns aus dem Himmel und von Monitoren aus. Immer wieder stoßen wir auf verbotene Bücher – darunter George Orwells 1984, ein Werk, das in dieser Welt eigentlich nicht existieren dürfte. Karma nutzt geschickt das Konzept des unzuverlässigen Erzählers und verwischt die Grenzen zwischen Realität, Traum und Manipulation.

Starke Präsentation mit Schwächen in der Zugänglichkeit

Die Erzählweise von Karma The Dark World ist zweifellos einzigartig, doch genau das könnte einige Spieler abschrecken. Während die Handlung mit tiefgründigen Themen und philosophischen Fragen aufwartet, bleibt vieles absichtlich vage. Das Spiel verlangt von uns, aktiv mit seinen Symbolen und Metaphern zu arbeiten, um eigene Schlüsse zu ziehen. Das ist einerseits faszinierend, andererseits aber auch frustrierend – gerade für Spieler, die eine klar strukturierte Story bevorzugen.

Die Vertonung ist größtenteils gelungen. Die Sprecher liefern solide Leistungen ab, auch wenn es vereinzelte Ausreißer gibt. Der Soundtrack und die Klangkulisse verstärken die bedrückende Atmosphäre zusätzlich. Besonders hervorzuheben ist die akustische Gestaltung der Gedankenwelten, die mit flüsternden Stimmen und verzerrten Geräuschen eine konstante Anspannung erzeugt.

Kunst oder Spiel?

Letztendlich bleibt die Frage: Ist Karma: The Dark World ein gutes Spiel? Oder ist es eher ein experimentelles Kunstprojekt? Wer Wert auf klassisches Gameplay legt, wird hier wenig finden. Die Rätsel sind oft abstrakt, das Pacing gemächlich, und die Geschichte lässt sich nicht ohne Weiteres in konventionelle Strukturen pressen. Wer jedoch ein narratives Erlebnis sucht, das zum Nachdenken anregt, wird in Karma The Dark World eine wahre Fundgrube an philosophischen und gesellschaftskritischen Themen entdecken.

Am ehesten lässt sich das Spiel als eine Mischung aus Observer und Indika beschreiben – ein dystopisches Sci-Fi-Spiel mit Horrorelementen, das von künstlerischen Einflüssen nur so strotzt. Es ist ein Spiel, das sich seiner Andersartigkeit bewusst ist und den Spieler zwingt, sich auf seine eigene Interpretation einzulassen. Ob das abschreckend oder faszinierend wirkt, hängt letztlich von der individuellen Erwartung ab.

Wer sich zunächst nur daran versuchen möchte, für den steht im PlayStation Store weiterhin eine Demo bereit.

Fazit

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TEST: Karma The Dark World – Ein düsteres Sci-Fi-Erlebnis
Karma: The Dark World ist keine leichte Kost. Es ist düster, abstrakt und stellt mehr Fragen, als es beantwortet. Wer bereit ist, sich auf eine surreale Reise voller psychologischer Tiefgründigkeit und philosophischer Ansätze einzulassen, wird mit einem einzigartigen Erlebnis belohnt. Wer jedoch ein traditionelles Spiel erwartet, könnte frustriert zurückbleiben. Letztlich bleibt Karma ein faszinierendes Experiment – ein Werk, das polarisiert, aber in jedem Fall einen bleibenden Eindruck hinterlässt.
Plus
Tolle Atmosphäre
Beeindruckende visuelle Präsentation
Kreatives Design
Gelungenes Soundkonzept
Minus
Erzählstruktur kann schwierig wirken
Pacing weist Schwächen auf
7.5
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